In einer jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29. November 2023 (XII ZB 141/22) wurde die Anwendungsbreite des Bankgeheimnisses unter besonderen Umständen im Rahmen eines zivilrechtlichen Streitverfahrens behandelt. Dieser Fall zeigt beispielhaft auf, wie komplexe Interessenskonflikte zwischen dem Schutz der Kundeninformationen und der Notwendigkeit der Beweisführung im Gerichtsverfahren gelöst werden können.
„Ein kritischer Blick auf das Bankgeheimnis im Kontext zivilrechtlicher Verfahren“ weiterlesenStörerhaftung und Urheberrecht in den sozialen Medien
In einer interessanten Entscheidung des Landgerichts Berlin (15 O 464/23) wurde ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch im Kontext sozialer Medien behandelt. Das Gericht musste die Frage klären, inwieweit die Mutter für das urheberrechtswidrige Posten ihrer Tochter auf Instagram haftet.
„Störerhaftung und Urheberrecht in den sozialen Medien“ weiterlesenOLG Hamburg zur Benennung von Bewertern auf Bewertungsplattformen
Am 8. Februar 2024 entschied das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (Aktenzeichen 7 W 11/24) über die Voraussetzungen, unter denen ein Bewerteter die Löschung von Bewertungen auf einem Arbeitgeber-Bewertungsportal verlangen kann. Diese Entscheidung hat beachtliche Implikationen für den Datenschutz und die Transparenz im Umgang mit Bewertungen – allerdings ist nicht garantiert, das andere Gerichte es genauso sehen.
„OLG Hamburg zur Benennung von Bewertern auf Bewertungsplattformen“ weiterlesenKlageantrag auf Herausgabe einer verkörperten Information
Der Klageantrag auf Herausgabe einer verkörperten Information ist als Prozesserklärung im Wege der Auslegung nicht auf die Herausgabe der Information als solcher, sondern auf die Herausgabe der Verkörperung, in der sie enthalten ist, zu verstehen (BGH, IX ZR 238/22).
„Klageantrag auf Herausgabe einer verkörperten Information“ weiterlesenKerngleichheit bei Unterlassungsanspruch im Patentverletzungsverfahren
Das Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 U 36/17, hat entschieden, dass für die Beurteilung der Kerngleichheit der Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens maßgeblich ist, so dass im Berufungsverfahren alle neuen Ausführungsvarianten zu prüfen sind, die nach den Entscheidungsgründen der Vorinstanz als patentverletzend angesehen werden. Eine nach Erlass des erstinstanzlichen Nichtigkeitsurteils vorgenommene Beschränkung des Patentanspruchs hat dabei für die Bestimmung des (erstinstanzlichen) Streitgegenstands außer Betracht zu bleiben.
„Kerngleichheit bei Unterlassungsanspruch im Patentverletzungsverfahren“ weiterlesenWas sind allgemeine Geschäftsbedingungen – wann liegen AGB vor?
Was sind AGB, wann liegen allgemeine Geschäftsbedingungen vor: Für AGB gibt es im BGB sehr strenge Prüfkriterien zur Frage, ob eine konkret getroffene Regelung zulässig ist oder nicht. Dabei wird zu selten darüber nachgedacht, was überhaupt AGB sind. §305 BGB sagt es scheinbar deutlich:
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.
Und verbreitet ist die Vorstellung davon, dass AGB immer das berühmte „Kleingedruckte“ sind, das man zum „eigentlichen Vertrag“ dazu legt. Aber: Ganz so einfach ist es nicht. Und tatsächlich sind inzwischen mit dem BGH Vertragsbedingungen wohl im Zweifelsfall als AGB anzusehen.
„Was sind allgemeine Geschäftsbedingungen – wann liegen AGB vor?“ weiterlesenHerausgabe eines Gutachtens in einem selbständigen Beweisverfahren
Gegen eine Entscheidung, durch die dem Antragsteller des Beweisverfahrens die Herausgabe eines Gutachtens angeordnet wird, das in einem selbständigen Beweisverfahren auf Grund einer nach § 140c Abs. 3 PatG oder § 24c Abs. 3 GebrMG angeordneten Besichtigung erstattet worden ist, ist die sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Antrag auf Herausgabe abgelehnt wird, sondern auch dann, wenn das Prozessgericht die Herausgabe anordnet, obwohl der Antragsgegner dem unter Berufung auf Geheimhaltungsinteressen widersprochen hat (BGH, X ZB 9/21).
„Herausgabe eines Gutachtens in einem selbständigen Beweisverfahren“ weiterlesenZustellung: Datum der Zustellung auf Umschlag nicht vermerkt
Bei der Verpflichtung des Zustellers nach § 180 Satz 3 ZPO, das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks zu vermerken, handelt es sich um eine zwingende Zustellungsvorschrift im Sinne des § 189 ZPO mit der Folge, dass bei einem Verstoß gegen diese Vorschrift das Schriftstück erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt gilt.
„Zustellung: Datum der Zustellung auf Umschlag nicht vermerkt“ weiterlesenBeweiskraft einer Privaturkunde
Eine Privaturkunde im Sinne des § 416 ZPO erbringt grundsätzlich nur den vollen Beweis dafür, dass die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben worden sind, wie das Oberlandesgericht Hamm, 12 U 7/22, klargestellt hat. Darüber hinaus spricht jedoch eine tatsächliche Vermutung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunde. Dieser Vermutung steht nicht entgegen, dass die Vertragsbestimmungen nur stichwortartig niedergelegt sind:
Zwar erbringt diese Vereinbarung als Privaturkunde im Sinne des § 416 ZPO grundsätzlich nur den vollen Beweis dafür, dass die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben worden sind. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht allerdings nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommene Urkunde die tatsächliche Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (vgl. BGH, NJW 2002, S. 3164 f.; Einsele in Münchner Kommentar zum BGB, 9. Auflage, § 125 Rn. 40). Dies hat zur Folge, dass diejenige Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände beruft, die Beweislast für deren Vorliegen trifft.
Oberlandesgericht Hamm, 12 U 7/22
Die Zurückweisung eines Beweisangebots desjenigen, der die Echtheit einer Privaturkunde bestreitet, kann dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die eigene Sachkunde des Richters die Einholung eines Sachverständigengutachtens entbehrlich macht.
Beiziehung von Ermittlungs-/Strafakten im Zivilprozess
Es ist ein Klassiker, dass in einem Zivilprozess die Beiziehung von Strafakten beantragt wird – nun konnte sich der Bundesgerichtshof (III ZR 104/21) zu dieser prozessualen Situation recht umfangreich äußern und festhalten, dass einer Partei grundsätzlich die Möglichkeit zur Verfügung steht, in einem anhängigen Zivilprozess (Teile von) Ermittlungs- beziehungsweise Strafakten beiziehen zu lassen. Hierzu verweist der BGH auf § 432 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 474 Abs. 1, § 479 Abs. 4 Sätze 2 und 3 StPO. Dabei stellt er zugleich klar, dass bereits mit § 474 Abs. 1 StPO (Zivil-)Gerichten grundsätzlich Akteneinsicht zu gewähren ist.
„Beiziehung von Ermittlungs-/Strafakten im Zivilprozess“ weiterlesen