Beim OLG Frankfurt (16 U 253/20) ging es um die Haftung des Plattform-Betreibers YouTube für hochgeladene Videos als Störer, was verneint wurde.
Keine grundsätzliche Störerhaftung von Youtube
Das OLG stellte klar, dass Youtube lediglich eine Plattform für Äußerungen Dritter zur Verfügung stellt. Unmittelbarer Störer ist damit allein der Nutzer, der Filme und andere Medien dort einstellt.
Für die Verhaltenspflichten eines Host-Providers, der dem unmittelbaren Störer die Internetplattform zur Verfügung stellt, hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung folgende Grundsätze aufgestellt: Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von Nutzern in das Netz eingestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf mögliche Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er haftet jedoch, sobald er von der Rechtsverletzung Kenntnis erlangt. Weist ein Betroffener den Host-Provider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch einen Nutzer seines Angebots hin, kann der Host-Provider verpflichtet sein, derartige Störungen künftig zu verhindern.
Wird eine Persönlichkeitsrechtsverletzung geltend gemacht, wird eine Rechtsverletzung allerdings nicht immer ohne weiteres feststellbar sein. Denn es bedarf einer Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Wird der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass die Rechtsverletzung aufgrund der Behauptung des Betroffenen ohne weiteres bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich.
Dies gilt auch dann, wenn die beanstandete Äußerung nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Werturteil zu qualifizieren ist, das Werturteil aber vom Betroffenen mit der schlüssigen Behauptung als rechtswidrig angegriffen wird, der dem Werturteil zugrunde liegende Tatsachenkern der Äußerung sei unrichtig, das Werturteil entbehre also jeder tatsächlichen Grundlage.
Wann muss reagiert werden?
Reaktionspflichten bestehen aber jedenfalls dann, wenn ein Abmahnschreiben versandt wird, in dem (konkret) auf die Rechtsverletzung hingewiesen wird – dann entsteht eine Prüfungspflicht. In diesem Zusammenhang weist das OLG darauf hin, dass die Youtube-Betreiberin zu Recht darauf hingewiesen habe, dass das Landgericht als Vorinstanz ausgeführt habe, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine „offensichtliche Rechtsverletzung“ nicht mehr erforderlich sei. Der BGH hat dies lediglich für die Haftung von Suchmaschinenbetreibern nach Art. 17 DSGVO angenommen (BGH, VI ZR 405/18) und dieser Maßstab ist auf Hostprovider nicht anwendbar.
Unabhängig davon kommt es aber nicht auf die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung an, sondern darauf, ob diese aufgrund der Darstellung im Beanstandungsschreiben ohne Weiteres bejaht werden kann, also insbesondere ihre Feststellung keine schwierigen Abwägungen erfordert.
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