Unterlassung einer öffentlichen Wiedergabe nach Abschluss eines Unterlassungsvertrages

In einem Hinweisbeschluss des OLG Nürnberg (3 U 2291/23 vom 19.02.2024) wird die Reichweite vertraglicher Pflichten zur Unterlassung einer öffentlichen Wiedergabe nach Abschluss eines Unterlassungsvertrages diskutiert. Diese Entscheidung betont die Bedeutung einer genauen Auslegung sowohl des Unterlassungsvertrages selbst als auch der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechts.

Kernpunkte der Entscheidung:

  1. Auslegung des Unterlassungsvertrages: Der Unterlassungsvertrag, der im vorliegenden Fall abgeschlossen wurde, soll nach der Intention der Parteien nicht weiter reichen als die gesetzlichen Vorgaben des § 19a UrhG und § 15 Abs. 2 UrhG. Das Gericht betont, dass der Wortlaut des Vertrages und der objektive Parteiwille die wesentlichen Faktoren für die Interpretation sind. Es wird klargestellt, dass ein Unterlassungsvertrag, der in Reaktion auf eine vorherige Rechtsverletzung geschlossen wird, typischerweise dazu dient, die durch die Verletzung entstandene Wiederholungsgefahr auszuräumen.
  2. Reichweite der Unterlassungspflicht: Die Pflicht zur Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke wird im Einklang mit den gesetzlichen Pflichten interpretiert. Dies bedeutet, dass der Schuldner verpflichtet ist, aktive Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass das geschützte Werk nicht weiter öffentlich zugänglich ist, soweit dies möglich und zumutbar ist. Dazu kann gehören, auf Betreiber von Plattformen einzuwirken, um die Entfernung des Inhalts zu bewirken.
  3. Anforderungen an eine öffentliche Wiedergabe: Das Gericht weist darauf hin, dass eine öffentliche Wiedergabe nach § 19a UrhG vorliegt, wenn Dritten der Zugriff auf das Werk ermöglicht wird. Dazu muss eine Handlung der Wiedergabe vorliegen und diese öffentlich sein. Das bedeutet, dass der Zugang zum Werk einer unbestimmten Anzahl möglicher Adressaten und recht vielen Personen ermöglicht wird.
  4. Handlungspflichten und Einwirkung auf Dritte: Es wird klargestellt, dass die Handlungspflichten des Schuldners grundsätzlich nicht weiter reichen als die gesetzlichen Anforderungen. Der Schuldner muss jedoch in gewissem Rahmen auf Dritte einwirken, um die Beseitigung des Verletzungszustandes zu erreichen, soweit ihm das möglich und zumutbar ist.

Fazit

Diese Entscheidung betont die Notwendigkeit, dass die Parteien eines Unterlassungsvertrags genau verstehen, was sie vereinbaren, insbesondere im Hinblick auf die Reichweite der Unterlassungspflichten und die erforderlichen Handlungen zur Beseitigung eines Verletzungszustandes. Sie unterstreicht auch, dass der Unterlassungsvertrag in der Regel nicht weiter reichen soll als die gesetzlichen Pflichten, es sei denn, die besonderen Umstände des Falles erfordern eine andere Auslegung.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner