Wer auf seiner Webseite etwas schreibt, was er nicht schreiben darf, der bekommt schnell eine Abmahnung und wird auf Unterlassung in Anspruch genommen. Im Regelfall wird die inkriminierte Äußerung dann entfernt. Manchmal auch gleich die ganze Webseite – bis hierhin ist das Tagesprogramm.
Nun aber kommt das Gemeine: Nachdem der Inhalt entfernt ist, meldet sich die gegnerische Seite und verweist auf den immer noch verfügbaren Inhalt – in einem Cache einer Suchmaschine (im Regelfall bei Google). Wenn man die Unterlassungserklärung noch nicht abgegeben hat oder die Gegenseite „nett“ ist, gibt es eine weitere Frist. Wenn man die Unterlassungserklärung schon abgegeben hat, kann es im schlimmsten Fall auf einmal die Forderung der versprochenen Vertragsstrafe und das Verlangen einer erneuten Unterlassungserklärung geben.
Aber ist das wirklich so korrekt?
Das ist ja was ganz Fieses, schon der normale Sachverstand sagt einem doch: Die Inhalte liegen nicht bei mir, die liegen bei Google (als Beispiel). Und ich kann ja mal bei Google anrufen, die löschen die Inhalte dann trotzdem nicht (was falsch ist, zur Technik später mehr). Man fühlt sich ein wenig wie in Schilda: Da wurde der eigene Inhalt von einer Suchmaschine kopiert, wird von dieser bereit gehalten und nun wird man selbst deswegen in Anspruch genommen. Das kann doch nicht sein. So ist es aber eben doch.
Urteile: Man muss für eine Löschung im Suchmaschinen-Cache sorgen
Und es kann eben doch sein, so sieht es z.B. das Landgericht Hamburg (302 O 743/05), das 2006 meinte, wenn man spätestens mit der Abmahnung von einem Rechtsverstoss Kenntnis erlangt, hat man danach zu überlegen und zu suchen, wo die Inhalte (es ging um ein Bild) noch zu finden sein könnten um dann geeignete Schritte zur Löschung vorzunehmen. Dabei hat das LG Hamburg sich nicht damit beschäftigt, wie viele Suchmaschinen kontrolliert werden müssten, denn konkret ging es nur um Google und insofern zu Recht verwies man darauf, dass es sich bei Google um die marktbeherrschende Suchmaschine handelt, die so oder so zu kontrollieren sei.
OLG Köln
Das OLG Köln (15 U 90/09 – Vorsicht, vom BGH aufgehoben, siehe unten 4.!) schloss sich grundsätzlich dieser Entscheidung des LG Hamburg an und führte aus:
Die Ansicht […] mit der Löschung der Daten […] auf dem Ausgangsserver und deren Blockierung durch „noindex-Meta-Tags“ und eine „robots.txt-Datei“ alles […] Zumutbare getan zu haben, greift nicht durch. […] Es ist zumutbar, über das Vertrauen auf die regelmäßige Aktualisierung der Datenbanken hinaus einzelne Suchmaschinen-Betreiber anzuschreiben. Dies dient im Interesse des Unterlassungsgläubigers einer schnellen und zuverlässigen Entfernung seiner Daten. Dabei ist auch mit einzubeziehen, dass die Sorgfaltsanforderungen wegen der ständig fortschreitenden Modernisierung des Internets Änderungen unterliegen. Die in der angefochtenen Entscheidung geforderte Überprüfung der gängigen Suchmaschinen ist sachgerecht.
KG Berlin
Weiter kann man nach Berlin sehen, so wurde dort vom KG Berlin (9 U 27/09) nämlich ähnliches entschieden, dabei schoss man sogar über die Vorgaben aus Hamburg hinaus: Der Verweis, dass man auf Google keinen Einfluss habe, kann nicht ausreichen wegen der besonders hohen Bedeutung des (verletzten) Persönlichkeitsrechts, das immerhin ein Verfassungsgut ist. Potentielle Rechtsverletzer (hier ging es um eine Zeitung) haben sich im Vorhinein Gedanken um eine Löschung zu machen und ggfs. sogar mit Google ein gesondertes Verfahren zur Löschung zu verabreden. Noch ein Jahr vorher (2008) sah auch das Landgericht Saarbrücken (9 O 258/08) eine Handlungspflicht des Rechtsverletzers, ging aber nicht soweit wie später das KG Berlin, sondern schlug sich auf die Linie aus Hamburg mit den Worten:
Der zuletzt genannten, vermittelnden Auffassung, wonach der Schuldner neben der Entfernung aus dem eigenen Internetauftritt konkret zu prüfen hat, ob sich die von ihm eingestellten Daten jedenfalls in den gängigen Suchmaschinen befinden, schließt sich das Gericht an. Diese Ansicht erscheint praktikabel und praxisnah. Es entspricht der Rechtsprechung zu § 890 ZPO, von einem Schuldner zu fordern, nicht nur alles zu unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles von ihm zu verlangen, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen zu verhindern. Dazu zählt auch die Einwirkung auf Dritte. Der Schuldner ist verpflichtet, aktiv tätig zu werden, um bestehende Gefahrenlagen sicher zu beseitigen und darf sich nicht auf ein bloßes Nichtstun beschränken.
Dem schloss sich später auch das LG Frankfurt a.M. (3-08 O 136/11) an.
OLG Celle
Das OLG Celle (13 U 58/14) meinte:
Der Schuldner eines Unterlassungsgebots hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch die Unterlassungserklärung betroffenen Inhalte seiner Webseite nicht mehr im Internet aufgerufen werden können. Dazu gehört es, wenigstens bei Google als gängigste Internetsuchmaschine zu überprüfen, ob diese Inhalte noch über die Trefferliste der Suchmaschine aufgerufen werden können. In diesem Fall muss der Schuldner gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.
OLG Düsseldorf
Auch das OLG Düsseldorf (15 U 119/14) sieht eine Pflicht zur Löschung, wie es recht ausführlich ausführt:
Der Beklagte war aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 05.01.2012 auch verpflichtet, die Suchmaschine Google zur Löschung der streitgegenständlichen Einträge, auch aus dem Cache, aufzufordern.
Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies). Hat eine Verletzungshandlung einen andauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen, besteht neben dem Unterlassungsanspruch ein Beseitigungsanspruch (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH GRUR 1977, 814 – Gebäudefassade). Dabei handelt es sich um selbstständige Ansprüche mit grundsätzlich unterschiedlicher Zielrichtung. Der Gläubiger hat es in der Hand, ob er den einen oder den anderen Anspruch oder aber beide Ansprüche geltend macht. Er kann bei einer solchen Fallgestaltung allerdings auch bereits mit dem Unterlassungsanspruch die Beseitigung des Verletzungszustands verlangen. Das folgt daraus, dass bei einer Dauerhandlung die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH GRUR 1977, 814 – Gebäudefassade). Vereinbaren die Parteien in einem solchen Fall eine Unterlassungsverpflichtung, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese auch die Verpflichtung zur Beseitigung des Verletzungszustands umfasst, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie allein die Verpflichtung zur Unterlassung zukünftiger Verletzungshandlungen erfassen soll.
Danach ist die Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten vom 05.01.2012 dahin auszulegen, dass sie auch die Verpflichtung umfasst, den durch die ursprüngliche Verwendung des Hinweises „TÜV-Sondereintragungen“ auf der eigenen Internetseite geschaffenen Störungszustand zu beseitigen, soweit es ihm möglich und zumutbar ist.
OLG Stuttgart
Hier reiht sich dann auch das OLG Stuttgart mit Beschluß vom 10.9.2015 (2 W 40/15) ein, das feststellt:
Die in seiner Sphäre entstandenen Gefahren für die Beeinträchtigung fremder Rechte hat der Unterlassungsschuldner zu beseitigen. Er kann sich grundsätzlich nicht darauf berufen, dies sei mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Der Unterlassungsschuldner ist gehalten, für die Beseitigung der in seiner Verantwortung in das Internet eingestellten, gerichtlich verbotenen Aussagen aus dem „Cache“ der Suchmaschinenbetreiber zu sorgen. (…)
Es ist anerkannten Rechts, dass sich eine titulierte Unterlassungsverpflichtung nicht in bloßem Nichtstun erschöpft. Sie umfasst vielmehr auch die Vornahme von Handlungen zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustands, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (BGHZ 120, 73, 76 f.; BGH, Urteil vom 11. November 2014 – VI ZR 18/14, CR 2015, 254, 255, bei juris Rz. 16). Der Schuldner hat alles zu tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen des Gebotes zu verhindern. Bezogen auf Verstöße durch leistungsbezogene Aussagen im Internet bedeutet dies, dass der Unterlassungsschuldner verpflichtet ist, organisatorische Maßnahmen innerhalb des eigenen Unternehmens und im Verhältnis zu Dritten, zu ergreifen, um die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung zu gewährleisten (vgl. KG, Beschluss vom 29. November 2011 – 5 W 258/11, MMR 2012, 106; bei juris Rz. 11 f.; Hess, in: Ullmann, jurisPK-UWG, 3. Aufl., 2013, Stand: 01.06.2015, Rn. zu § 12). Dies gilt nicht nur in Bezug auf künftige Veröffentlichungen. Denn normativ stellt sich auch das Aufrechterhalten einer zuvor veranlassten Veröffentlichung im Internet als Verstoß gegen das Unterlassungsgebot dar. Damit korrespondiert, dass im Internet jeder Abruf eines Inhaltes und jede Zusendung der Daten eine neue Datenübermittlung erfordert.
Im Rahmen des § 890 Abs. 1 ZPO sind an den Vollstreckungsschuldner strenge Anforderungen in Bezug auf seine organisatorischen Maßnahmen und auf deren Überwachung zu stellen. Im Ausgangspunkt hat sich der Unterlassungsschuldner eines Mediums bedient, das ihm die grenzenlose Verbreitung seiner Werbebotschaften erlaubt. Damit geht auch die grenzenlose Verbreitung rechtswidriger Inhalte einher. Indem der Vollstreckungsschuldner die Vorteile dieser Verbreitungsform nutzt, hat er auch die damit einhergehenden Nachteile zu tragen und die daraus resultierenden Gefahren zu beherrschen. Die in seiner Sphäre entstandenen Gefahren für die Beeinträchtigung fremder Rechte hat er zu beseitigen. Er kann sich demgegenüber grundsätzlich nicht darauf berufen, dies sei mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, und genügt seiner Pflicht nur, wenn aus der Sicht eines objektiven Dritten an der Stelle des Vollstreckungsschuldners damit zu rechnen ist, dass die ergriffenen Maßnahmen sicher dazu führen, dass sich die in der Vergangenheit gesetzte Gefahr einer erneuten Verbreitung der unlauteren Aussage im Internet nicht verwirklichen wird.
Dies erfordert auch mehrfache Kontrollen. Nicht nur in Bezug auf seine eigenen Leute (dazu Hess, in: Ullmann, juris-PK UWG, 3. Aufl., 2013, Rn. 227 zu § 12), sondern auch in Bezug auf Dritte, deren er sich für die Veröffentlichung bedient hatte, schuldet er die Aufwendung größter Sorgfalt und hat alle Maßnahmen zu treffen, die nach menschlichem Ermessen garantieren, dass die untersagte Wettbewerbshandlung nicht durch eine im Verantwortungsbereich des Unterlassungsschuldners stehende Person wiederholt wird (vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 15. Juni 2004 – 2 W 32/04, WRP 2004, 1078; Hess, a.a.O., Rn. 227, m.w.N.) (…)
Dies bedeutet zwar nicht, dass jedwedes Auftauchen eines früheren Verstoßes im Internet auch einen schuldhaften Verstoß durch den Unterlassungsschuldner implizierte. Er haftet nicht für eigenständige Veröffentlichungen Dritter. Auch können insbesondere nach längerer Zeit auftauchende Veröffentlichungen oder solche, die nur über ungewöhnliche Suchwege aufgefunden werden können, nach den Umständen des Einzelfalles als Grundlage für die Verhängung eines Ordnungsmittels ausscheiden, sofern nicht der Vollstreckungsschuldner zuvor auf sie hingewiesen worden war und die dadurch begründete Kenntnis nicht genutzt hat, um sie zu unterbinden (…)(…) sind die vorgetragenen telefonischen Bemühungen schon deshalb nicht ausreichend, weil dem einfachen Zuruf der notwendige Nachdruck fehlt. Erforderlich ist eine schriftliche Aufforderung, die inhaltlich den gebotenen Nachdruck enthält, um dem Angeschriebenen die Wichtigkeit und die Eilbedürftigkeit der geforderten Maßnahme klar zu machen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 25. April 2007 – 6 W 40/07, MMR 2008, 120, bei juris Rz. 6 ff.).
Aber: Die Rechtsprechung ist geteilter Meinung, man muss nicht immer reagieren
Soviel zu den Meinungen, die eine Aktivität in Richtung Google fordern. Es gibt natürlich auch eine andere Seite – und auch die beginnt in Hamburg im Jahre 2002, wo das OLG Hamburg (3 W 60/02) noch feststellte, dass der Schuldner mit dem entfernen der Inhalte auf dem eigenen Server alles notwendige getan hat und sich getrost darauf verlassen dürfe, dass Suchmaschinen regelmäßig ihre Inhalte aktualisieren. Ebenfalls häufig zitiert wird eine Entscheidung des OLG Düsseldorf (I-20 U 10/07), die m.E. aber nur sehr bedingt dazu beiträgt: Hier ging es nach meiner Lesart nicht um einen Google-Cache, sondern die „Eingangswebseite“ mit den Links zu den Unterseiten wurde abgeschaltet. Der Abmahner schien aber in seinem Browser-Cache eben diese Seite noch gehabt zu haben und verfügte noch über die Links zu den Unterseiten, die er damit noch erreichen konnte. Unbestritten war, dass die Seiten sonst aber nicht bzw. im Ergebnis nur mit enormem Aufwand zu erreichen waren, was auf Grund dieser Erheblichkeit nicht mehr als Wettbewerbsverstoss gewertet wurde durch das OLG. Auch das LG Halle (4 O 883/11) lehnt Handlungspflichten hinsichtlich des Google-Cache ab, dies müsse in der Unterlassungserklärung gesondert erwähnt sein.
Ebenso ist das OLG Zweibrücken (4 U 45/15) anderer Auffassung, das ausführt:
Der Kreis der durchschnittlich versierten Internetnutzer, zu dem sich auch die Mitglieder des erkennenden Senats rechnen, hat nicht von vornherein Kenntnis davon, dass Informationen, die bei einem Aufruf der aktuellen Suchergebnisse von der Suchmaschine „Google“ nicht aufgezeigt, aber früher vorhanden waren, weiterhin (wenn auch nur befristet) als Abbild des früheren Standes einer Webseite im „Cache“ gespeichert sind und dort, zu welchem Zweck auch immer, gezielt gesucht werden können. Eine solche Suche nach bebilderten Kaufangeboten „im Archiv“ wird ein Kaufinteressent als Internetnutzer regelmäßig auch nicht anstellen. Denn der Nutzer, welcher sich für einen bestimmten Artikel interessiert, wird ganz selbstverständlich die zeitlich aktuelle Internetseite der Suchmaschine, nicht aber deren Archiv („Cache“) ansteuern, zumal dieses nicht ohne weitere Zwischenschritte aufgerufen werden kann. Selbst wenn man insoweit anderer Meinung sein wollte, war es im vorliegenden Fall dem Beklagten jedenfalls nicht zumutbar, in der kurzen Zeitspanne zwischen der Abgabe der Unterlassungserklärung (26. März 2014) und der Überprüfung im „Cache“ der Suchmaschine „Google“ (am 8. April 2014) auch die Archive der gängigen Internetdienste darauf zu überprüfen, ob die beanstandete Abbildung dort möglicherweise noch auffindbar war. Ohne dass dieser Frage weiter nachgegangen werden müsste, erscheint es im Übrigen auch durchaus zweifelhaft, ob der Beklagte in der kurzen Zeitspanne bis zum 8. April 2014 überhaupt eine realistische Chance gehabt hätte, bei dem Betreiber von „Google“ eine Entfernung des Lichtbildes aus dem „Cache“ durchzusetzen. (…)
Diese vertragliche Erklärung kann nicht (weitergehend) dahin ausgelegt werden, dass der Beklagte auch verpflichtet sein sollte, dass beanstandete Lichtbild über die Internetplattform „eBay“ hinaus vollständig aus dem Internet zu entfernen, namentlich dafür zu sorgen, dass das Lichtbild auch aus den Internetsuchmaschinen bzw. deren „Caches“ entfernt wurde. Denn bei der Erklärung handelt es sich um eine in die Zukunft gerichtete Unterlassungserklärung, der eine weitergehende Verpflichtung zur Entfernung des Lichtbildes fehlt (vgl. BGH Urteil vom 21. Oktober 2010 – III ZR 17/10 -). Damit ist es nicht zu vereinbaren, dass der Schuldner der Unterlassungserklärung in – wie ausgeführt – unverhältnismäßiger Weise darüber hinaus verpflichtet sein sollte, zwecks Meidung der versprochenen Strafe dafür zu sorgen, dass das beanstandete Lichtbild überhaupt nicht mehr im Internet bzw. in Suchmaschinen aufgefunden werden konnte.Aus den vom Kläger zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Urteil vom 12. September 2012 – 6 U 58/11 -), des Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Beschluss vom 10. Juli 2013 – 11 U 28/12 -) und des Landgerichts Köln (Urteil vom 11. Juli 2013 – 14 O 61/13) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Entscheidungen sind im Tatsächlichen anders gelagert. Die Urteile der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Frankfurt/Main (jeweils aaO) betreffen Fälle, in denen die Urheberrechtsverletzung auf einer Internetseite des Verletzers weiter fortgesetzt wurde; das Urteil des Landgerichts Köln befasst sich damit, dass ein Lichtbild, welches auf der Internetplattform „eBay“ veröffentlicht worden war, dort nicht entfernt wurde. Vorliegend geht es jedoch um die Frage, ob der Urheberrechtsverletzer für die Beseitigung der Rechtsverletzung auch auf einer Rechercheplattform sorgen muss, auf welcher er das Lichtbild selbst nicht eingestellt hat und zu deren Betreiber er auch nicht in einer rechtlichen Sonderbeziehung steht.
Eigene Deutung der BGH-Rechtsprechung
Dazu kommt noch eine Meinung, die auf den ersten Blick mit der Thematik nichts zu tun hat: Die Feststellung des BGH, dass die Google Thumbnails (Bilder-Vorschau in der Google-Bildersuche) keine Urheberrechte verletzen, da derjenige, der eine Webseite betreibt und von den Möglichkeiten Suchmaschinen auszusperren keinen Gebrauch macht, letztlich in die Erfassung durch selbige einwilligt. Ich quittierte das seinerzeit mit dem Kommentar „Wer ins Internet einstellt muss mit Erfassung leben„. Wenn ich aber auf diese Entscheidung blicke, dann heisst das im Umkehrschluss: Der BGH setzt voraus, dass jeder der eine Webseite betreibt, auch weiss, dass es Suchmaschinen gibt, diese die Inhalte erfassen und auch dass es dort Cache-Systeme gibt, die über die Bereithaltung auf dem eigenen Server dafür sorgen, dass Inhalte verfügbar sind.
Und an dieser Stelle bestätigt der BGH dann z.B. einen Aspekt des LG-Hamburg-Urteils, das schon damals meinte, der Unterlassungsschuldner bediene sich gerade gezielt der Suchmaschinen, um sein Angebot zu bewerben (mit dem BGH: Er weiss um die Umstände der Suchmaschinen-Funktionen) und wenn dann etwas schief läuft muss er eben auch die negativen Aspekte hinnehmen und auf eine Löschung hinwirken.
Was sagt der BGH weiter dazu?
Der BGH (III ZR 17/10) konnte sich mit der Thematik tatsächlich bereits beschäftigen – leider kam dort nichts konkretes gewinnbringendes heraus. Der BGH hatte sich mit der oben zitierten Entscheidung des OLG Köln (15 U 90/09) zu beschäftigen. Allerdings ging es hier um eine Sonderkonstellation von zwei abgegebenen Unterlassungserklärungen, wobei die zuletzt abgegebene – anders als die erste – keine ausdrückliche Verpflichtung zur Löschung bei Suchmaschinen mehr vorsah. Hieraus schloss der BGH – zu Recht – dass eine Löschpflicht nicht mehr bestand. Man mag daraus, dass der BGH keine darüber hinaus gehende Löschpflicht thematisiert hat, herleiten dass er eine solche gar nicht erst sieht – offen bleibt es dennoch. Die Entscheidung aus Köln jedenfalls konnte keinen Bestand haben, weil die im Raum stehende Unterlassungserklärung unvertretbar ausgelegt wurde. Mit den sonstigen dortigen Erwägungen hat sich der BGH aber gar nicht erst beschäftigt.
Fazit: Suchmaschinencache und Unterlassungserklärung
Würdigung der Rechtsprechung
Mir Erscheint seit je her die Auffassung des OLG Köln klüger als die Ansicht des OLG Hamburg, die gar kein zutun verlangt. Allerdings kann – und hier liegt das OLG Köln mit dem LG Saarbrücken richtig – nur verlangt werden, was auch erforderlich und zumutbar ist, wobei nicht mehr zumutbar sein kann, was unmöglich ist. Unmöglich ist es, zu verlangen, dass der Seitenbetreiber bei Google & Co. unverzüglich die Inhalte selber entfernt – das kann er nicht. Und auch die Meinung aus Berlin, man habe notfalls eine Sonderregelung mit Google & Co. zu treffen, erscheint mir schlicht unmöglich und lebensfremd. Im Gesamtbild ist jedenfalls zu sehen, dass inzwischen sämtliche OLG zumindest die Pflicht sehen, überhaupt irgendwie tätig zu werden, der Google-Cache ist damit immer als Risiko der Verwirkung einer Vertragsstrafe zu sehen.
Technische Ansatzpunkte – Was ist zumutbar?
Es gilt sich also nun an die Frage heran zu tasten: Was soll zumutbar sein?
Wieder lohnt sich hier der Blick zum LG Hamburg, denn die Logik, dass Google als Marktführer zu berücksichtigen ist, ist mir zugänglich. Wenn man nun noch Bing und Yahoo berücksichtigt, sollte man den relevanten Suchmaschinenmarkt erfasst haben. Man mag nun streiten, ob es zumutbar ist, alle Suchmaschinen zu prüfen – Fakt ist, dass die wenigen Entscheidungen zum Thema sich nur um Google drehen und es in den mir bekannten Streitigkeiten auch nur um Google ging. Ich möchte die Frage hier nicht vertiefen, denke aber, dass mit Google, Yahoo und Bing die wichtigsten erfasst sind.
Bei der Frage, was im Weiteren erforderlich und zumutbar ist, sollte man erst einmal sehen, was man überhaupt maximal tun kann:
- Bei Bing kann man die Entfernung über ein Formular einfordern
- Bei Yahoo funktioniert es inzwischen über das Bing-Tool (soeben unter 1)
- Und bei Google über die Webmaster-Tools
Mehr ist mir jeweils nicht an Möglichkeiten bekannt, so das – unterstellt ich weiss alles – es gar nicht mehr gibt, was man überhaupt tun kann. Bei einem Zeitaufwand von maximal 1 Stunde für alle drei Prozesse (ich schaffe es im Regelfall in 20-25 Minuten) dürfte das auch durchaus Zumutbar sein. Für den Fall das ein Inhalt zu entfernen ist und dieser auch bereits zwischengespeichert ist, sehe ich hier das, was man zu tun hat: Zumindest diese drei Schritte erledigen.
Ob das ausreicht, mag umstritten sein, wenn ich nach Berlin blicke, gibt es ja noch die Auffassung, dass man damit rechnen muss, dass ein Rechtsbruch existiert und man Vorsorge zu treffen hat. Ganz falsch finde ich das nicht, allerdings würde ich unter „Vorsorge“ verstehen, dass man zumindest bei den obigen Webmaster-Tools der drei großen Suchmaschinen bereits einen existierenden Account und seine Webseiten schon einmal angemeldet hat. Dann kann man im Fall der Fälle schneller reagieren.
Keinesfalls zwingend, aber durchaus zu überlegen, wäre es, die Indizierung für den Cache der Suchmaschinen ganz zu unterbinden. Das geht durch die Verwendung des Schlüsselwortes „noarchive“ im Robots-Meta-Tag. Man kann hier zumindest Vorsorgen, zumal ich keinen echten Vorteil durch den Suchmaschinen-Cache für die eigene Webseite erkenne. Darüber hinaus kann man nachdenken, ob man in der robots.txt im Streitfall den Zugriff auf den entsprechenden Seitenbereich verbietet. Die Forderung, gleich die gesamte Webseite darüber den Suchmaschinen zu verwehren ist m.E. vollkommen überzogen und nicht zumutbar.
Ergebnis: Lieber Löschen
Im Ergebnis merkt man wieder: Es geht um Abwägungen wie so oft. Dabei sehe ich zwei Pole, die m.E. falsch sind: Auf der einen Seite das Nichtstun nachdem man die Seite verändert hat, was zu wenig ist. Auf der anderen Seite das Verlangen, selber bei Google gespeicherte Inhalte zu löschen, was schlicht unmöglich ist. Irgendwo dazwischen wird man sich bewegen, wobei ich denke, dass die Einreichung über die existierenden Formulare der drei grossen Suchmaschinen-Betreiber durchaus ausreichen sollte und dem jeweiligen Seitenbetreiber auch zumutbar ist. Klug ist es in jedem Fall – zumindest wenn man eine Webseite mit journalistisch-redaktionell aufbereiteten Inhalten bereit hält, also auch Blogs – darüber nachzudenken, gleich die Speicherung im Suchmaschinen-Cache zu deaktivieren. Wenn es gar nicht anders geht, muss man halt bei der Abgabe der Unterlassungserklärung mitdenken und hier ausdrückliche Regelungen mit Übergangszeiträumen vorsehen.
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