Bundesgerichtshof zur Wiederholungsgefahr im Wettbewerbsrecht bei Änderung der rechtlichen Lage

Der Bundesgerichtshof (III ZR 73/09) hatte sich im Jahr 2009 mit der Wiederholungsgefahr im Wettbewerbsrecht beschäftigt, die durch einen Rechtsverstoss regelmässig begründet wird.

Die Verwendung von unzulässigen Klauseln (etwa in AGB oder auch in der Widerrufsbelehrung) begründet grundsätzlich die tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Diese Wiederholungsgefahr zu beseitigen ist regelmäßig mit sehr hohen Anforderungen verbunden: So reichen grundsätzlich weder die Änderung der beanstandeten Klausel noch die bloße Absichtserklärung des Verwenders, sie nicht weiter zu verwenden, aus! (ebenso u.a. BGH, VII ZR 7/92, XII ZR 159/98). Daher wird üblicherweise im Ergebnis entweder die Abgabe einer mit einem Vertragsstrafeversprechen versehenen Unterlassungserklärung oder das Einkassieren einer einstweiligen Verfügung die Wiederholungsgefahr erst beseitigen.

Aber es gibt auch Ausnahmen von diesem Grundsatz.

BGH: Bei Gesetzesänderung kann Anpassung des Verhaltens ausreichen

Grundsätzlich muss sich derjenige, der die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens in Abrede stellt und weiter die kritisierten Klauseln nutzt, eben dieses Verhalten vorhalten lassen: Wer sich so verhält und sich auch noch weigert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, unterstreicht beim Bundesgerichtshof nur die vermutete Wiederholungsgefahr. Aber eben nicht immer!

Jedenfalls im Wettbewerbsrecht ist durch den Bundesgerichtshof nämlich anerkannt, dass die Vermutung, ein Wettbewerber werde sein in der Vergangenheit gezeigtes Verhalten auch in der Zukunft fortsetzen oder wiederholen, dann entfallen kann, wenn die Wettbewerbswidrigkeit des fraglichen Verhaltens in der Vergangenheit rechtlich umstritten war und erst auf Grund einer Gesetzesänderung eindeutig zu bejahen ist.

Denn es kann nicht zwingend angenommen werden, „dass derjenige, der bei zweifelhafter Rechtslage sein Verhalten mit vertretbaren Gründen gegen den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verteidigt, auch dann auf einer Fortsetzung oder Wiederholung seines Handelns besteht, wenn der Gesetzgeber die offene Frage eindeutig im Sinne des zuvor streitigen Verbots entschieden hat“ (so auch BGH, I ZR 29/99, I ZR 185/95, I ZR 34/95, I ZR 218/86). Vielmehr muss dann konkret geprüft werden, ob mit der Gesetzesänderung das fragliche Verhalten aufgegeben bzw. der Gesetzeslage angepasst wurde. Dabei ist dem Betroffenen laut der vorliegenden Entscheidung eine angemessene Umstellungsfrist zu gewähren!

Fazit

Es ist mit dem Bundesgerichtshof bei dieser Frage also zwingend auf die Umstände abzustellen – wenn letztlich eine noch umstrittene Rechtsfrage vorlag, kann die Wiederholungsgefahr durch eine Kombination aus tatsächlich geändertem Verhalten und geänderter Rechtslage die Abgabe einer Unterlassungserklärung überflüssig machen. Nicht zu vernachlässigen ist dabei die Aussage, dass eine (kurze) Umstellungsfrist – gerade bei gesetzlichen Änderungen im Bereich der Widerrufsbelehrung – zwingend zu gewähren ist. Vorschnelle Abmahnungen laufen hier also ins Leere.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner