Das OLG Frankfurt (11 U 95/21) konnte herausarbeiten, dass der in AGB enthaltene Verzicht eines professionellen Fotografen auf die Urhebernennung, für jede Art der Verwendung eines Werks durch die Kunden eines Microstock-Portals, keine unangemessene Benachteiligung des Klägers iSv § 307 BGB darstellt:
Zwar widerspricht der Verzicht des Urhebers auf die Urheberbenennung gegenüber dem Lizenznehmer dem gesetzlichen Leitbild des § 13 UrhG. Diese Vorschrift gibt dem Urheber als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts ein vorbehaltloses Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem geschaffenen Werk (Bullinger in: Wandtke/ Bullinger, Urheberrecht, 6. Auflage, § 13 Rn. 1). Daher weicht der Verzicht des Urhebers von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Trotzdem stellt der vorliegend erklärte Verzicht keine unangemessene Benachteiligung des Urhebers dar, da der Urheber (hier: der Kläger) sich mit Abschluss des Vertrags dafür entscheidet, seine Werke über ein Microstock-Portal (hier: X) zu vermarkten. Er bedient sich daher willentlich für Verbreitung seiner Werke eines Geschäftsmodells der Microstock-Portale, das den Verzicht des Urhebers auf sein Urheberbenennungsrecht bedingt und wird damit durch den Verzicht auf sein Urheberbenennungsrecht nicht unangemessen benachteiligt (…)
Einem mit der Urheberbenennung verbundenen Marketingeffekt kommt zudem für solche Urheber keine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu, die – wie der Kläger – ihre Werke ausschließlich über Microstock-Agenturen lizensieren. Bei diesen kann die Urheberbenennung keine etwaige eigenständige individuelle Lizenzvergabe fördern, da der Urheber keine eigenständige individuelle Lizenzvergabe betreibt. Für solche Urheber, die – wie der Kläger – ausschließlich über Microstock-Agenturen lizensieren, ist der Marketingeffekt der Urheberbenennung daher nicht von entscheidender Bedeutung. Dies bestätigt letztlich der Vortrag des Klägers selbst. Denn er hat vorgetragen, dass seine Werke bei X äußerst beliebt gewesen und die Anzahl der Downloads seiner Fotografien dort vergleichsweise sehr hoch seien, er zähle zu den erfolgreichsten Bildanbietern weltweit, seine Werke seien über 888.000 Male lizensiert worden. Der Kläger hat diese erhebliche Anzahl von Lizensierungen nach seinem Vortrag ausschließlich über Microstock-Portale wie X erzielt, dh. ohne dass ihm – mangels Pflicht der Kunden zur Urheberbenennung – ein hiermit verbundener Marketingeffekt zugutegekommen wäre.
Man merkt: keine allgemeine Entscheidung, sondern eine spezielle Entscheidung für professionelle Fotografen. Die hergebrachten Grundsätze, dass ein Verzicht in AGB nicht denkbar erscheint, dürften im Allgemeinen nicht angetastet sein.
Bestimmung des Schadenersatzes für rechtswidrige unterlassene Urheberbenennung
Auch die Ausführungen zur Bemessung des Schadensersatzes bei nicht-Benennung eines Urhebers lassen aufhorchen:
Zwar geht der Senat davon aus, dass vernünftige Parteien für die Nutzung eines Werks grundsätzlich auch dann eine Lizenzgebühr vereinbaren, wenn der Urheber das Werk zu einem sehr günstigen Lizenzentgelt unter der Bedingung lizensiert hatte, dass er als Urheber benannt wird, der Nutzer aber das Werk ohne die Urheberbenennung nutzen will. Denn aus Sicht eines fiktiven Lizenznehmers ergibt sich daraus, dass er das Werk auch ohne Urheberbenennung verwenden kann, ein Vorteil. Grundlage für die Schätzung eines Lizenzschadens in einer solchen Konstellation ist der Verlust, den der Urheber dadurch erleidet, dass die mit der Urheberbenennung verbundene Werbewirkung nicht eintritt (vgl. BGH, Urteil vom 18.9.2014 – I ZR 76/13 – CT-Paradies Rn. 75; Senat, Urteil vom 22.10.2019 – 11 U 95/18 Rn. 41 zum Schadenersatz bei unterlassenem Hinweis auf die Bildquelle im Fall einer Creative-Common Lizenz, jeweils zitiert nach juris).
Allerdings fehlen auch auf dieser Grundlage konkrete Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung und insoweit auch zur Schätzung eines Mindestschadens. Denn der Kläger lizensiert nach seinem Vortrag ausschließlich über Microstock-Portale. Dass und welcher Werbewert einer Urheberbenennung für diese Art der Lizensierung zukommt, ist vom Beklagten nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Wie bereits oben dargelegt … ergibt sich nicht, dass und in welchem Umfang bei dieser Art der Vermarktung der Lichtbilder, derer sich der Kläger ausschließlich bedient, der Urheberbenennung ein Marketingeffekt zukommt und wie dieser zu bewerten wäre. Für eine Bemessung des wirtschaftlichen Nachteils, den der Urheber durch die (unterstellt rechtswidrige) unterlassene Urheberbenennung erlitten hat, fehlt damit jeglicher Anhaltspunkt. Auch die Schätzung eines Mindestschadens insoweit scheidet mangels tatsächlicher Anknüpfungspunkte aus.
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