Urheberrechtlicher Schutz für Vertragsformulare

Wann kann ein Vertrag urheberrechtlichen Schutz genießen? Die Frage ist vor allem für den Ersteller des Vertrages – etwa den Rechtsanwalt – von Interesse.

Grundsätzlich gilt, dass auch Vertragsformulare geschützte Werke im Sinne des § 2 UrhG sein können. Voraussetzung aber ist, dass die in Rede stehenden Vertragsformulare als – Gebrauchszwecken dienende – Sprachwerke eine erforderliche schöpferische Höhe erreichen, um als Sprachwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG gelten zu können.

Beachten Sie dazu auch: Zum urheberrechtlichen Schutz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen – die dortigen Ausführungen sind hierauf übertragbar.

Jedenfalls bei juristischen Gebrauchszwecken dienendem Schriften sind die Schutzgrenzen letztlich (etwas) höher anzusetzen. Dies, damit Standardformulierungen und durchschnittlichen alltäglichen Schriftstücke nicht automatisch eine Werksqualität erhalten, weswegen regelmäßig Verträge keinen reflexartigen urheberrechtlichen Schutz genießen. Ausnahmsweise aber kann für hinreichend komplexe, aufwendige und umfangreiche Verträge etwas anderes gelten (siehe dazu LG Hamburg, 74 I 283/85 oder LG Köln, 28 O 291/86).

Zusammenfassend stellt etwa das Brandenburgische Oberlandesgericht die Rechtslage zum urheberrechtlichen Schutz von Vertrsagsformularen so dar:

Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, sind bei einem Gebrauchszweck dienenden Sprachwerken erhöhte Anforderungen an die urheberrechtliche Schutzfähigkeit im Sinne eines deutlichen Überragens des Durchschnitts zu stellen (BGH, Urteil vom 10.10.1991, I ZR 147/98 „Bedienungsanweisung“, Rn. 30; Urteil vom 12.3.1987, I ZR 71/85 „Warenzeichenlexika“, Rn. 23; Urteil vom 9.5.1985, I ZR 52/83 „Inkasso-Programm“, Rn. 83; Urteil vom 17.4.1986, I ZR 213/83 „Anwaltsschriftsatz“; Rn. 12, 14; Urteil vom 4.10.1990, I ZR 139/89 „Betriebssystem“, Rn. 47; Urteil vom 29.3.1984, I ZR 32/82 „Ausschreibungsunterlagen“, Rn. 26 f.; vgl. auch Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. A., Rn. 61). Die Frage des Eigentümlichkeitsgrades bemisst sich dabei nach dem geistig-schöpferischen Gesamteindruck, und zwar im Gesamtvergleich gegenüber vorbestehenden Gestaltungen. Dieser Vergleich enthält keine – für die Urheberrechtsschutzfähigkeit unerhebliche – Neuheitsprüfung, sondern beantwortet die Frage, ob der konkreten Formgestaltung gegenüber den vorbekannten Gestaltungen individuelle Eigenheiten zukommen (BGH, Urteil 17.4.1986, I ZR 213/83 „Anwaltsschriftsatz, Rn. 12; Urteil vom 9.5.1985, I ZR 52/83 „Inkasso-Programm“, Rn. 83 – jeweils zitiert nach juris).

Lassen sich nach Maßgabe des Gesamtvergleiches mit dem Vorbekannten schöpferische Eigenheiten feststellen, so sind diese der durchschnittlichen Gestaltertätigkeit gegenüberzustellen. Die Urheberrechtsschutzfähigkeit erfordert bei Gebrauchszwecken dienendem Schriftgut grundsätzlich ein deutliches Überragen des Alltäglichen, des Handwerksmäßigen, der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials (BGH, Urteil vom 10.10.1991, I ZR 147/89 „Bedienungsanweisung, Rn. 30; Urteil 17.4.1986, I ZR 213/83 „Anwaltsschriftsatz, Rn. 12 – jeweils zitiert nach juris).

Brandenburgisches Oberlandesgericht, 6 U 50/09
Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner