Urheberrechtsverletzung durch Filesharing

Das Landgericht Köln verhandelte in seinem Urteil (14 O 244/20) vom 24. Mai 2022 den Fall einer Urheberrechtsverletzung durch Filesharing. Dabei ging es um das Computerspiel „Dying Light“, welches unberechtigt über einen Internetanschluss zum Download angeboten wurde.

Hinweis: Diese Entscheidung habe ich besprochen in jurisPR-ITR 21/2023 Anm. 6

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Softwareentwicklerin, stellte fest, dass ihr Computerspiel ohne Erlaubnis über eine Filesharing-Plattform angeboten wurde. Die IP-Adresse, von der aus die Dateien geteilt wurden, führte zum Internetanschluss des Beklagten. Der Beklagte wurde daraufhin abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung aufgefordert.

Rechtliche Bewertung

Das Gericht stellte fest, dass der Beklagte als Inhaber des Internetanschlusses grundsätzlich verantwortlich ist. Es besteht eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft, wenn keine plausible Erklärung für eine andere Person als Täter vorliegt. Der Beklagte konnte nicht überzeugend darlegen, dass andere Personen (z.B. seine Kinder) zum Tatzeitpunkt den Anschluss nutzten und somit die Rechtsverletzung hätten begehen können. Die vom Beklagten benannten Kinder wurden als Zeugen vernommen, jedoch ergab sich aus ihren Aussagen keine stichhaltige Begründung für ihre Täterschaft:

Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 – Morpheus; BGHZ 200, 76 Rn. 14 = GRUR 2014, 657 – BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 – Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 32 – Everytime we touch). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 = GRUR 2014, 657 – BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 – Tauschbörse III). Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss – regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 39 – Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 34 – Everytime we touch).

Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Klägers als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. = GRUR 2014, 657 – BearShare, mwN; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 u. 42– Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 f. – Everytime we touch; GRUR 2017, 386 Rn. 15 = WRP 2017, 448 – Afterlife).

Mit den vorstehenden Grundsätzen zur sekundären Darlegungslast trägt der Bundesgerichtshof der Tatsache Rechnung, dass Rechteinhaber zur Durchsetzung ihrer Rechte in Filesharing-Verfahren regelmäßig keine Möglichkeit haben, zu Umständen aus dem ihrem Einblick vollständig entzogenen Bereich der Internetnutzung durch den Anschlussinhaber vorzutragen oder Beweis zu führen.

Zugunsten der Kläger des Ausgangsverfahrens als Inhaberin des Art. 14 GG unterfallenden Leistungsschutzrechts ist deren Interesse an einer effektiven Durchsetzung ihrer urheberrechtlichen Position gegenüber unberechtigten Verwertungshandlungen zu berücksichtigen. Die Beeinträchtigung der familiären Beziehungen wird dabei in Grenzen gehalten. Denn ein Vortrag der Eltern zu einer Täterschaft ihrer Kinder ist nach dieser Rechtsprechung gerade nicht erzwingbar. Vielmehr tragen sie nur das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung, wenn sie die Darlegungs- und Beweisanforderungen nicht erfüllen. Dabei reicht die sekundäre Darlegungslast, die dem Anschlussinhaber abverlangt wird, auch nicht weiter als die Kenntnisse, welche dieser ohnehin bereits besitzt (BVerfG, GRUR 2019, 606, 608).

Entscheidung

Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von Schadenersatz und zur Übernahme der Abmahnkosten. Die Höhe des Schadenersatzes basierte auf einer fiktiven Lizenzgebühr, die für die unberechtigte Nutzung erhoben wurde. Es wurde eine Summe von insgesamt 4.795,00 EUR für den entstandenen Schaden sowie 984,60 EUR für vorgerichtliche Abmahnkosten festgelegt.

Fazit und Auswirkungen

Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter und bekräftigt die Verantwortlichkeit von Internetanschlussinhabern für über ihren Anschluss begangene Rechtsverletzungen. Die Entscheidung dient als abschreckendes Beispiel und betont die potenziell hohen finanziellen Risiken, die mit der Nutzung von Filesharing-Plattformen für urheberrechtlich geschütztes Material verbunden sind. Nutzer sollten sich dieser Risiken bewusst sein und die nötigen Maßnahmen ergreifen, um keine Urheberrechtsverletzungen zu begehen.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner