Verein gegen den Abmahnwahn ruft gegen Massenabmahnungen auf

Mich erreicht soeben eine PM des „Vereins gegen den Abmahnwahn“ u.a. mit folgendem Inhalt:

Der Verein gegen den Abmahnwahn e.V., das Onlinemagazin gulli und die Initiative Abmahnwahn-Dreipage legen ihren Standpunkt zur Massenabmahnung im „digitalen“ Urheberrecht dar, bieten akzeptable Lösungsvorschläge an […]

Mich persönlich interessieren ja immer als erstes die Lösungsvorschläge, die von den verschiedenen Seiten stammen, dabei wird im vorliegenden Dokument (hier als Word-Datei, die man selber verschicken soll um auf das Problem aufmerksam zu machen) an zwei Punkten angesetzt:

  1. Wenn „ein in großer Anzahl zum Versand bestimmter Musterschriftsatz verwendet wird“ soll nur noch eine 0,3 Anwaltsgebühr entstehen. Das klingt gut und bringt bei den üblichen Streitwerten immerhin Gebühren von unter 300 Euro. Aber: Zum einen ist das spätestens dann witzlos, wenn die Gegner eine 1,5 Gebühr abrechnen, die im Fall eines Vergleichs nach RVG anfällt (RVG VV 1000). Zum anderen ist das Problem bei vielen Betroffen nicht, dass man einmal eine hohe Summe zahlen soll, sondern dass man gleich mehrfach solche Summen zahlen soll. Und ob jemand 10x 700 Euro zahlen soll oder 10x 300 Euro kommt für viele (mittellose) Betroffene am Ende aufs gleiche raus.
  2. Vorgeschlagen wird weiterhin, die Kostendeckelung zu konkretisieren in der Form eines neuen §97a III UrhG: „Eine unerhebliche Rechtsverletzung ist stets anzunehmen, wenn die Abmahnung sich auf ein einzelnes geschütztes Werk bezieht.“. Auch das ist ein guter Ansatz, allerdings hilft das nach §97a II UrhG ja nur bei der erstmaligen Abmahnung. Wer also seine üblichen 5-10 Abmahnungen bekommt kann da auch eher wenig mit anfangen.

Im Fazit sehe ich zwei gute Ansätze, die aber gerade das konkrete Problem, nämlich die „Masse“ in den „Massenabmahnungen“, nicht angehen. Vielmehr steht hier die einzelne Abmahnung im Vordergrund – und derjenige, der gerade in Abmahnungen „ertrinkt“ wird m.E. hiermit auch nur recht wenig gewinnen. Andererseits sind diese Vorschläge die richtige Konsequenz, wenn man nicht der Masse als solcher begegnen möchte, sondern nur im Einzelfall die Kosten auf ein angemessenes Maß herunterschreiben will. Ob das aber der Situation in vielen Familien gerecht wird, wo Minderjährige Kinder die Anschlüsse der Eltern missbrauchen und die Familie ruinieren, möchte ich bezweifeln. Von dem Problem abgesehen, dass die Beweissituation im Falle unberechtigter Abmahnungen gleichsam nicht verbessert wird. Es gibt weiterhin noch viel zu tun und weitere Ideen zu sammeln.

Zum Thema auch:

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner