Verjährung im Urheberrecht: Zur Verjährungsfrist bei Urheberrechtsverletzung

Verjährung von Urheberrechtsverletzung: Ansprüche unterliegen der Verjährung, das ist soweit nichts neues. Allerdings gibt es verschiedene Verjährungsfristen und man kann trefflich darüber streiten, welche Frist wann anwendbar ist. Speziell nach urheberrechtlichen Abmahnungen gibt es die Diskussion, ob es verschiedene Verjährungsfristen gibt hinsichtlich der Erstattung anwaltlicher Kosten und dem Ersatz von entstandenen Schaden.

In Rede stehen bei der Verjährung einer Urheberrechtsverletzung verschiedene Verjährungsfristen, nämlich von 3 Jahren und von 10 Jahren. Letzteres ist mit dem BGH (I ZR 58/70 und I ZR 175/10 sowie I ZR 148/13) bei Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs auf Zahlung einer Lizenzgebühr anzunehmen. Entsprechend wird speziell bei Klagen nach Filesharing-Abmahnungen argumentiert. Ein Überblick zur Verjährung im Urheberrecht nach einer Urheberrechtsverletzung.

Dazu auch bei uns: Allgemeines zur Urheberrechtsverletzung – Was ist eine Urheberrechtsverletzung

Verjährung bei Urheberrechtsverletzung

Inzwischen hat sich heraus kristallisiert, dass jedenfalls hinsichtlich eventueller Ansprüche auf Ersatz anwaltlicher Kosten nach einer Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung eine 3-jährige Verjährungsfrist gilt.

Wenn es aber um den Schadensersatz geht, dann ist heftig umstritten, ob es 3 Jahre oder 10 Jahre sind. Die letzte Entscheidung des BGH zum Thema war durchaus deutlich, kann aber wiederum diskutiert werden bei Filesharing-Abmahnungen, denn es ist fraglich, ob dies auch hier so Anwendung finden kann.

Rechtsprechung zur Verjährung von Schadensersatz nach Urheberrechtsverstoss

Die 3-Jährige Verjährungsfrist gilt mit zunehmender Rechtsprechung sowohl hinsichtlich der Erstattung eventueller anwaltlicher Vergütungsansprüche wegen der Aussprache einer Abmahnung wie auch hinsichtlich eventueller Schadensersatzansprüche aus einer Urheberrechtsverletzung (so AG Bielefeld, 42 C 101/14, 42 C 368/13 sowie AG Kassel, 410 C 625/14). Das AG Kassel führt insoweit unter anderem treffend dazu aus:

„Die Klägerin kann für sich auch nicht die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 S. 2 BGB reklamieren. Nach dieser Vorschrift unterliegen diejenigen Ansprüche einer längeren Verjährung, die auf die Herausgabe des deliktisch Erlangten zielen.Es handelt sich somit um einen quasi deliktischen Bereicherungsanspruch. Diese Vorschrift findet wegen § 102 S. 2UrhG entsprechende Anwendung. Voraussetzung ist aber, dass der Schädiger tatsächlich etwas erlangt hat. Dies kann die ersparte Lizenzgebühr sein, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt wird (BGH,Urteil vom 27.10.2011 – I ZR 175/10 – Bochumer Weihnachtsmarkt, zit. n. Juris). Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Rechtewahrnehmung bei einer Verwertungsgesellschaft lizenziert werden kann.“

Das ist bei weitem noch keine einhellige Auffassung, speziell in Köln diskutiere ich hier noch in jedem Verfahren, das Landgericht neigt bisher eher der 10jährigen Verjährung zu – letztlich war es aber bisher nie ausschlaggebend, da ein solcher Anspruch nicht von Störern bedient werden muss und zudem selbst die Störerhaftung in aktuellen Verfahren immer vermieden werden konnte. Auch beim Amtsgericht Köln scheint man sich inzwischen auf eine 3jährige Verjährungsfrist eingestellt zu haben, dies jedenfalls in den bei mir laufenden Verfahren. Inzwischen gehen nahezu alle relevanten Amtsgerichte von einer 3jährigen Verjährungsfrist hinsichtlich sämtlicher Forderungen aus. Das Amtsgericht Hamburg (36a C 202/13) etwa meint hierzu:

Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Aufwendungsersatz unterliegt gemäß §§ 102 UrhG, 194 ff. BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. Bohne in Wandtke/Bullinger; UrhR, 3. Aufl. 2009, § 102 Rn. 6; BeckOK UrhR/Reber, § 102 Rn. 2). Die Verjährung begann hier gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2009 als dem Jahr, in welchem der vermeintliche Anspruch entstanden und die Zedentin als Gläubigerin von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Beklagten als Schuldner Kenntnis erlangt hat.

Die Rechtsprechung sieht dabei den Aspekt, dass die 10jährige Frist hier gar keine Anwendung finden kann. Das Amtsgericht Kassel (410 C 625/14) führt dazu etwa aus:

Die Klägerin kann für sich auch nicht die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 S. 2 BGB reklamieren. Nach dieser Vorschrift unterliegen diejenigen Ansprüche einer längeren Verjährung, die auf die Herausgabe des deliktisch Erlangten zielen.Es handelt sich somit um einen quasi deliktischen Bereicherungsanspruch. Diese Vorschrift findet wegen § 102 S. 2UrhG entsprechende Anwendung. Voraussetzung ist aber, dass der Schädiger tatsächlich etwas erlangt hat. Dies kann die ersparte Lizenzgebühr sein, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt wird (BGH,Urteil vom 27.10.2011 – I ZR 175/10 – Bochumer Weihnachtsmarkt, zit. n. Juris). Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Rechtewahrnehmung bei einer Verwertungsgesellschaft lizenziert werden kann.

Hier liegen jedoch die tatsächlichen Verhältnisse anders, so dass die Grundsätze der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegend keine Anwendung finden können. Denn dem erkennenden Gericht ist kein Anbieter bekannt, der Werke der Musik oder Filmwerke dergestalt lizenziert, dass sie im Wege des Filesharings angeboten werden können.

So auch das Amtsgericht Frankfurt am Main (32 C 2305/14 (84)) und Amtsgericht Bielefeld (42 C 368/13). Auch das Amtsgericht Düsseldorf (57 C 15659/13) reiht sich hier ein und führt aus:

Maßgeblich ist die 3-jährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB, die Ende 2013 ablief. Auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren sind die Bestimmungen der §§ 102 UrhG,852 BGB nicht anzuwenden. Zur Frage, wann Ansprüche auf Ersatz des Lizenzschadens in Filesharingangelegenheiten verjähren, existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage der Verjährung von Lizenzansprüchen im Rahmen der Entscheidung „Bochumer Weihnachtsmarkt“ (BGH Urteil v. 27.10.2011, I ZR 175/10) auseinandergesetzt und insoweit ausgeführt, dass Ansprüche einer Verwertungsgesellschaft auf Ersatz einer angemessenen Lizenzgebühr in 10 Jahre verjähren. Der vom Bundesgerichtshof zu entscheidende Sachverhalt „Bochumer Weihnachtsmarkt“ behandelt jedoch eine grundlegend andere Fallkonstellation, so dass die in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf Filesharingfälle nicht zu übertragen sind. Während die Verwertungsgesellschaft GEMA es einem Nutzer ermöglicht , einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen, besteht in Filesharingangelegenheiten eine solche Möglichkeit nach dem Vorbringen der Klägerin nicht. Vorliegend hätte die Beklagte daher selbst dann, wenn sie dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung im Rahmen eines Filesharing-Systems schließen können. Zutreffend hat das AG Bielefeld in seiner Entscheidung vom 4.3.14 (Aktenzeichen 42 C 368/13) festgehalten, dass es sich bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse dem Wesensmerkmal nach um unerlaubte Handlungen handelt, für die gerade nicht die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches anwendbar sind. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.

Landgericht Bielefeld: 3 Jahre Verjährungszeit nach Urheberrechtsverstoss

Das Landgericht Bielefeld (20 S 132/15) vertritt vehement die Auffassung, dass auch beim Schadensersatz eine nur 3-Jährige Verjährungsfrist gilt, da es die 10-Jährige als „unpassend“ einstuft:

Zutreffend hat das Amtsgericht im Zusammenhang mit dem von der Klägerin behaupteten Anbieten des Filmwerks „N.“ über eine Internet-Tauschbörse sowohl für den Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten als auch für den Schadensersatzanspruch auf Zahlung von (fiktiven) Lizenzgebühren zunächst gemäß § 102 S. 1 UrhG die 3-jährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB zugrunde gelegt.

Entgegen der Ansicht der Berufung sind dagegen die Bestimmungen der §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB insbesondere nicht auf den Schadensersatzanspruch nach der Lizenzanalogie anzuwenden.

Nach § 102 S. 2 UrhG findet, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung des Urheberrechts etwas auf Kosten des Berechtigten erlangt hat, die Bestimmung des § 852 BGB entsprechende Anwendung. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt grundsätzlich erst in zehn Jahren von seiner Entstehung an.

Der hier geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin ist jedoch nicht auf die Herausgabe einer durch die Verletzung des Urheberrechts erlangten Bereicherung gerichtet (vgl. zu entsprechenden Fallgestaltungen neben dem Amtsgericht Bielefeld auch AG Düsseldorf, Urt. vom 24.07.2014 – 57 C 15659/13 –, juris; AG München, Urt. vom 26.03.2015 – 243 C 19271/14 –; AG Kassel, Urt. vom 24.07.2014 – 410 C 625/14 – juris; AG Hannover, Urt. vom 09.01.2015 – 424 C 7759/14 – und AG Passau, Urt. vom 03.07.2015 – 18 C 1968/14).

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf das BGH-Urteil vom 27. Oktober 2011 (Az. I ZR 175/10; „Bochumer Weihnachtsmarkt“) hinweist, verfängt dies nicht.

Dort ging es in der Sache um eine unterlassene, aber grundsätzlich mögliche Einholung der Erlaubnis der dortigen Klägerin (GEMA) für die unberechtigt vorgenommene Nutzung von Musikwerken im Rahmen einer öffentlichen Freiluftveranstaltung, aufgrund derer im Wege des Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie die ersparte Tarifvergütung zu entrichten war. Grundlage dieser Entscheidung war jedoch, dass die Wahrnehmung der maßgeblichen Urheberrechte typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt wird, indem die Rechtswahrnehmung bei der GEMA als Verwertungsgesellschaft zu lizensieren war.

Hier liegen die tatsächlichen Verhältnisse allerdings grundlegend anders. Während die Verwertungsgesellschaft GEMA es einem Nutzer ermöglicht, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen, besteht in Filesharingangelegenheiten eine solche Möglichkeit nicht. Vorliegend hätte der Beklagte daher selbst dann, wenn er dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung des gegenständlichen Filmwerks im Rahmen eines Filesharing-Systems schließen können.

Auch nimmt ein privater „Filesharer“ die Möglichkeit, dass weitere Teilnehmer durch den eigenen Upload in der Lage sind, dasselbe Werk ihrerseits herunterzuladen, zwar in Kauf, verfolgt dabei jedoch in der Regel kein kommerzielles Interesse und erhält hierdurch auch keinen weitergehenden vermögenswerten Vorteil, wie es dagegen bei der Veranstaltung „Bochumer Weihnachtsmarkt“ aufgrund der durch die Musikwiedergabe erreichten Attraktivitätssteigerung und damit auch erhöhten Publikumsakzeptanz der Fall war. Vielmehr liegt der Hauptzweck des typischen Nutzers einer Internettauschbörse darin, das jeweilige Film- oder Musikwerk selbst zu erhalten und zu nutzen und nicht in dessen darüber hinausgehender Verbreitung. Aus einem Vergleich von § 102 S. 1 UrhG mit § 102 S. 2 UrhG ergibt sich jedoch, dass sich die lange Verjährungsfrist des Satzes 2 i.V.m. § 852 BGB nur rechtfertigt, wenn ein echter Vermögensvorteil als „Mehr“ gegenüber der Verletzungshandlung nach Satz 1, hier dem bloßen unberechtigten Gebrauch des Rechts, gegeben ist (vgl. AG München aaO).

Aber: Das LG Bielefeld konnte sich noch nicht zur Entscheidung I ZR 148/13 des BGH („Motorradteile“) äußern und erklären, ob es hier nicht dann doch eine Änderung vornehmen muss!

Entscheidungen des BGH zur Verjährung im Urheberrecht

Der Bundesgerichtshof (I ZR 148/13, „Motorradteile“) hat sich zur Verjährung des Lizenzschadensersatzanspruchs bei einer Urheberrechtsverletzung geäußert und erkennt – erneut, diese Rechtsprechung ist insoweit nichts Neues, dazu BGH I ZR 175/10 – eine 10jährige Verjährungsfrist.

aa) Gemäß § 102 Satz 2 UrhG findet § 852 BGB entsprechende Anwendung, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt hat. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheber- rechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 Satz 2 BGB). Diese Verjährungsfrist war nicht abgelaufen, als der Kläger die Schadensersatzansprüche mit Schriftsatz vom 3. August 2012 unter Hin- weis auf die in der Anlage zu diesem Schriftsatz im Einzelnen bezeichneten 106 Lichtbilder geltend gemacht hat.

bb) Die Verweisung in § 852 BGB auf die Vorschriften über die Her- ausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung bezieht sich nicht auf die Voraussetzungen, sondern auf den Umfang der Bereicherungshaftung. Bei § 852 BGB handelt es sich nicht um einen Bereicherungsanspruch, sondern um einen sogenannten Restschadensersatzanspruch, also einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist (…)Auf die Regelung des § 852 BGB wird nicht nur in § 102 Satz 2 UrhG, sondern auch in § 141 Satz 2 PatG, § 24f Satz 2 GebrMG, § 49 Satz 2 DesignG, § 20 Satz 2 MarkenG, § 9 Abs. 3 Satz 2 HalblSchG und § 37f Satz 2 SortSchG verwiesen; sie gilt darüber hinaus im Wettbewerbsrecht (vgl. BGH, GRUR 1999, 751, 754 – Güllepumpen). Demnach gilt im gewerblichen Rechts- schutz und im Urheberrecht allgemein der Grundsatz, dass das durch eine Schutzrechtsverletzung oder einen Wettbewerbsverstoß Erlangte auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung als ungerecht- fertigte Bereicherung herauszugeben ist (vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, S. 270).

cc) Der auf die Verletzung des ausschließlichen Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Fotografien und des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft an den Fotografien gestützte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG ist nicht verjährt, weil er im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB auf die Herausgabe einer durch die Verletzung dieses Rechts erlangten ungerechtfer- tigten Bereicherung gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 175/10, GRUR 2012, 715 Rn. 36 bis 41 = WRP 2012, 950 – Bochumer Weihnachtsmarkt; vgl. auch OLG München, OLGR 1994, 33).

(1) Der Beklagte hat durch die – zu unterstellende – Verletzung des Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Fotografien und des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft an den Fotografien auf Kosten des Rechts- inhabers etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Er hat durch das Einstellen der Fotografien auf seiner Internetseite in den Zuweisungsgehalt des dem Bruder des Klägers zustehenden Rechts zum öffentlichen Zugänglich- machen der Fotografien und auf Anerkennung seiner Urheberschaft an den Fo- tografien eingegriffen und sich damit auf dessen Kosten den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund verschafft. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 = WRP 2010, 927 – Restwertbörse I, mwN; BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 39 und 40 – Bochumer Weihnachtsmarkt). Wer durch die Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall auch nicht mit Erfolg nach § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall seiner Bereicherung berufen, da das Erlangte – also der Gebrauch des Schutzgegenstands – nicht mehr entfallen kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1971 – I ZR 58/70, BGHZ 56, 317, 322 – Gasparone II; BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 41 – Bochumer Weihnachtsmarkt).

(2) Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, nach § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB könne nicht die Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr beansprucht werden. Der Anspruch sei auf Gewinnabschöpfung angelegt und verlange, dass durch die Verletzung ein mit der Verletzung nicht identischer Vorteil erlangt worden sei. Im vorliegenden Fall stelle die Erlangung eines temporären Vorteils die unmittelbare Kehrseite der Verletzung dar, ohne einen darüber hinausgehenden Vermögensvorteil zu begründen. Wollte man dies anders sehen, so wäre die Grundregel des § 102 Satz 1 UrhG nahezu über- flüssig, weil fast alle Schadensersatzklagen § 102 Satz 2 UrhG unterfielen.
Es kann offenbleiben, ob mit dem Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB die Herausgabe eines durch eine Schutzrechtsverletzung erlangten Verletzergewinns beansprucht werden kann (vgl. zum Streitstand Hülsewig, GRUR 2011, 673 ff.). Der Anspruch aus § 852 BGB setzt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung jedenfalls nicht voraus, dass der Verletzer einen Ge- winn erzielt hat. Vielmehr genügt es, dass er einen Vermögensvorteil in Gestalt eines Gebrauchsvorteils erlangt hat. Mit dem Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB kann daher die Herausgabe des durch die Verletzung eines Schutzrechts erlangten Gebrauchsvorteils im Wege der Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr verlangt werden.

Die Grundregel des §102 Satz1 UrhG wird dadurch nicht nahezu überflüssig. Zum einen ist § 102 Satz 1 UrhG nicht nur bei Schadensersatzan- sprüchen und Bereicherungsansprüchen, sondern – anders als § 102 Satz 2 UrhG – beispielsweise auch bei Ansprüchen auf Beseitigung, Unterlassung, Vernichtung, Rückruf und Überlassung anwendbar (vgl. Dreier in Dreier/ Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 102 Rn. 4). Zum anderen ist ausschließlich § 102 Satz 1 UrhG auf Schadensersatzansprüche anwendbar, mit denen wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangt wird. Urheber und Lichtbildner können nach § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Einem solchen immateriellen Schaden des Verletzten steht jedoch kein nach § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB abschöpfbarer Vermögensvorteil des Verletzers gegenüber.

Diese Rechtsprechung zur Verjährung von Urheberrechtsverletzungen hat der BGH (I ZR 48/15) später, anlässlich von Filesharing, nochmals bekräftigt:

Gemäß § 102 Satz 2 UrhG findet § 852 BGB entsprechende Anwendung, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt hat. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Her-ausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt nach § 852 Satz 2 BGB in zehn Jahren von seiner Entstehung an und ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen den Schaden auslösenden Ereignis an (…) Der auf die Verletzung des ausschließlichen Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen einer Datei mit dem Musiktitel gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG gestützte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG ist nicht verjährt, weil er im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB auf die Herausgabe einer durch die Verletzung dieses Rechts erlangten ungerechtfertigten Bereicherung gerichtet ist (…)

LG Köln: 10 Jahre Verjährungsfrist nach Urheberrechtsverstoss

Das LG Köln hält gegen das LG Bielefeld, u.a. unter Verweis auf die zitierte BGH-Entscheidung „Motorradteile“, und stellt immer wieder in bei mir laufenden und von mir beobachteten Verfahren klar, dass man bezüglich Schadensersatz eine 10-Jährige Verjährungsfrist sieht.

Fazit zur Verjährung von Urheberrechtsverletzung

Bezüglich des Lizenzschadensersatzes liegt inzwischen mit dem Bundesgerichtshof auf der Hand, das von einer 10jährigen Verjährungsfrist auszugehen ist, Diskussionen haben sich an dieser Stelle jedenfalls bei den Standardfällen aus meiner Sicht erledigt.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner