Verkündungstermin des BGH zur urheberrechtlichen Zulässigkeit einer „Cheat-Software“

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (I ZR 157/21) hat über Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen des Vertriebs von Software zu entscheiden, die dem Nutzer das Manipulieren des auf einer Spielkonsole ablaufenden Programms ermöglicht.

Hinweis: Die Entscheidung wird für die rechtliche Zulässigkeit von Cheat-Software erhebliche Auswirkung haben, deswegen wird hier im Blog schon der Hinweis auf den Verkündungstermin aufgenommen. Das OLG HH (hier bei uns) hatte vorher – durchaus überraschend – bei schlichtem Zugriff auf Speicherdaten (nicht: Programmdaten!) im Arbeitsspeicher eine urheberrechtliche Relevanz verneint.
Update: Verkündungstermin war am 23. Februar 2023, 8.30 Uhr – die Sache wurde dem EUGH vorgelegt!

Sachverhalt

Die Klägerin vertreibt als exklusive Lizenznehmerin in ganz Europa Spielkonsolen und Computerspiele hierfür. Bei den Beklagten zu 1 und 2 handelt es sich um Unternehmen einer Unternehmensgruppe, die Software entwickelt, produziert und vertreibt, insbesondere Ergänzungsprodukte zu den Spielkonsolen der Klägerin. Der Beklagte zu 3 ist Director der Beklagten zu 1 und 2. Mit der Software der Beklagten konnten Nutzer von Spielkonsolen der Klägerin bestimmte Beschränkungen in Computerspielen der Klägerin umgehen, zum Beispiel die zeitliche Beschränkung der Verwendung eines „Turbos“ oder die Freischaltung von weiteren Fahrern in einem Rennspiel. Dies bewirkten die Softwareprodukte der Beklagten, indem sie Daten verändern, die die Spiele der Klägerin im Arbeitsspeicher der Spielkonsole ablegen. Die Klägerin rügt, dass dies eine unzulässige Umarbeitung ihrer Computerspiele im Sinne von § 69c Nr. 2 UrhG darstelle.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Indem die Nutzer mittels der Software der Beklagten durch externe Befehle in den Programmablauf der Computerspiele der Klägerin eingriffen und diesen veränderten, werde das Computerprogramm der Klägerin umgearbeitet. Es mache weder aus Benutzer- noch aus Urhebersicht einen Unterschied, ob eine Veränderung des Programmablaufs durch die Veränderung der Spielsoftware oder aber durch Veränderung von Daten im Arbeitsspeicher erreicht werde. Die Umarbeitung sei nicht durch die Ausnahmevorschriften in §§ 69d, 69e UrhG gerechtfertigt. Die Beklagte zu 1, die in den Vertrieb der Softwareprodukte der Beklagten nach Deutschland nicht unmittelbar eingebunden sei, hafte allerdings nur auf Unterlassung der Unterstützung der Beklagten zu 2 und 3.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat angenommen, es fehle an einer Umarbeitung eines Computerprogramms im Sinne von § 69c Nr. 2 UrhG. Die Software der Beklagten greife lediglich in den Ablauf der Computerspiele der Klägerin ein, indem die im Arbeitsspeicher der Spielkonsole abgelegten Daten verändere, nicht aber die Computerbefehle selbst. Der programmgemäße Ablauf eines Computerprogramms gehöre aber nicht zum Schutzgegenstand von § 69a UrhG.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. (Quelle: Pressemitteilung des Gerichts)

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner