Wettbewerbsrecht: Versicherung kann KFZ-Sachverständige nicht zu Nutzungsrechten an Fotos zwingen

Die von Sachverständigen für ihre Gutachten angefertigten Fotos unterliegen dem urheberrechtlichen Schutz (dazu bereits hier bei uns). Damit stellt sich für KFZ-Versicherungen das Problem, dass diese ohne Einwilligung des Sachverständigen die Fotos nicht verwenden können, um sie in Restwertbörsen einzustellen. Nunmehr entwickelte sich mitunter die Praxis, in AGB eine solche Einwilligung abzuringen, wobei mehr oder minder deutlich suggeriert wurde, dass ohne Einwilligung zur Veröffentlichung der Fotos ggfs. keine Kostenerstattung stattfinden würde (was nicht rechtmässig wäre).

Dem hat das OLG Celle (13 U 188/11) einen Riegel vorgeschoben und festgestellt, dass es sich hierbei um eine grundsätzlich wettbewerbswidrige Praxis handelt:

Die Entscheidungsfreiheit wird erheblich beeinträchtigt. Hierzu genügt nicht die Eignung zu einer nur geringfügigen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit, vielmehr müssen die zu befürchtenden Nachteile so erheblich sein, dass sie den (sonstigen) Marktteilnehmer veranlassen können, die von ihm erwartete geschäftliche Entscheidung zu treffen (vgl. Köhler in ders./Bornkamm, a. a. O., § 4 Rn. 1.21 i. V. m. 1.4). Das setzt voraus, dass für den Eintritt der Folge eine gewisse objektive Wahrscheinlich besteht (vgl. OLG München, Urteil vom 2. Juli 2009 – 29 U 3992/08, juris Rn. 68). So liegt es hier. Zwar ist in dem Anschreiben der Beklagten zu 1 lediglich davon die Rede, dass die sich aus der Nichterteilung der Einwilligung ergebenden Folgen im Einzelfall geprüft würden. Allerdings weist die Beklagte zu 1 darauf hin, dass die Gutachten aus ihrer Sicht möglicherweise nicht prüfbar seien. Daraus folgt aus Sicht der Sachverständigen zwanglos die Ankündigung, im Rahmen der Schadensabwicklung jedenfalls nicht den Gebührenanspruch des Sachverständigen auszugleichen. Denn der Geschädigte kann vom Schädiger, beziehungsweise nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG vom Versicherer nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, juris Rn. 17). Falls das Gutachten mangels Eignung im Rahmen der außergerichtlichen Schadensabwicklung nicht verwertet werden sollte, wird es zum Streit darüber kommen, wer letztlich die Kosten des Sachverständigen zu tragen hat. Naheliegend ist ferner, dass dem Geschädigten ein höherer Restwert angerechnet wird und er zur Durchsetzung seiner Ansprüche auf einen Rechtsstreit angewiesen ist. Das wiederum würde dazu führen, dass die Sachverständigen, die ihre Einwilligung nicht erteilen, aufgrund der befürchteten Verzögerung oder Schwierigkeiten bei der Schadensabwicklung künftig von Geschädigten nicht mehr beauftragt werden.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner