Erneut hat sich der BGH (I ZR 86/22) zur Benutzung von Marken auf Spielzeug geäußert und festgestellt: Angesichts der jahrzehntelangen Gewohnheit detailgetreuer Nachbildungen im Spielzeugmodellbau und der Erwartung, die der Verkehr daran knüpft, besteht ein berechtigtes Interesse daran, ein in der Realität vorkommendes Fahrzeug nachzubilden und dabei nicht nur – wie in der Realität – das Kennzeichen des Herstellers des jeweiligen Fahrzeugs anzubringen, sondern auch Kennzeichen, die Unternehmen auf solchen Fahrzeugen zum Zwecke der Werbung für ihre Dienstleistungen verwenden.
Weiter führt man aus, dass wenn ein von einem Dritten originalgetreu nachgebautes Automodell an der entsprechenden Stelle die Abbildung einer bekannten Dienstleistungsmarke trägt, eine Rufausbeutung „in unlauterer Weise“ im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG nur dann vorliegt, wenn über die bloße originalgetreue Nachbildung hinaus in anderer Weise versucht wird, den Ruf der bekannten Marke werblich auszunutzen. Ergibt sich beim Vertrieb solcher Spielzeugautos jeder Bezug zur Marke zwangsläufig wie beiläufig allein aus der spielzeughaft verkleinerten Nachbildung des Originals, fehlt es am Merkmal der unlauteren Rufausbeutung.
Angesichts der jahrzehntelangen Gewöhnung an detailgetreue Nachbildungen der Wirklichkeit im Spielzeug- und Modellbereich und einer entsprechenden Verbrauchererwartung besteht ein berechtigtes Interesse des Spielwarenherstellers, nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Gebäude als Modelle vertreiben zu können, auf denen bekannte Marken angebracht sind, sofern es sich um eine verkleinerte Abbildung der Wirklichkeit handelt:
Ansprüche der Klägerin, soweit diese mit einer Verletzung der Rechte aus den Klagemarken begründet werden, können – wovon die Klägerin zutreffend ausgeht – allein auf § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG gestützt werden. Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MarkenG (Doppelidentität) und § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 MarkenG (Verwechslungsgefahr) wären schon deshalb unbegründet, weil zwischen den im Streitfall in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen – einerseits Waren und Dienstleistungen im Logistik- und Transportbereich, für die die Klagemarken Schutz beanspruchen, und andererseits die Produktion und der Vertrieb von Modellspielzeug durch die Beklagte – weder Identität noch Ähnlichkeit besteht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – I ZR 88/08, GRUR 2010, 726 [juris Rn. 25 bis 26] = WRP 2010, 1039 – Opel-Blitz II).
Selbst wenn die Klagemarken für Modellspielzeug geschützt wären, kämen Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht in Betracht, weil die angesprochenen Verbraucher die Zeichen nicht auf die Ware „Spielzeug“ beziehen, sondern darin nur ein Abbildungsdetail der Wirklichkeit sehen und die Verwendung der Zeichen daher weder die Herkunftsfunktion noch eine andere Funktion dieser Marken beeinträchtigt (vgl. BGH, GRUR 2010, 726 [juris Rn. 17 bis 24 und 25] – Opel-Blitz II).
BGH, I ZR 86/22
Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es ausreichen, dass das Modell die für die Identität des Unternehmens maßgeblichen Gestaltungsmerkmale einschließlich des Logos übernimmt, so dass der Verkehr in dem Modell die Nachbildung eines in der Wirklichkeit typischerweise anzutreffenden Gebäudes des Markeninhabers erkennt.
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