Virtuelles Hausverbot: Blockade auf schein-behördlichem Social Media Account

Ein Journalist wurde von einem privat betriebenen Social Media-Account des Bundesgesundheitsministers blockiert und forderte daraufhin über eine einstweilige Verfügung den Zugang zu diesem Account. Der Minister argumentierte, dass sein Account privat und nicht hoheitlich sei, womit eine Blockade gerechtfertigt sei.

Das Amtsgericht Berlin-Mitte (151 C 167/23 eV) hatte sich mit der Frage der rechtlichen Einordnung eines Social Media-Accounts eines Bundesministers und diederFrage nach einem Anspruch auf Zugang zu diesem Account zu beschäftigen.

Rechtliche Analyse

  1. Öffentliche Einrichtung: Das Gericht stellte fest, dass privat betriebene Social Media-Accounts eines Bundesministers keine virtuelle öffentliche Einrichtung darstellen. Es erfolgte keine Widmung des Accounts für die Öffentlichkeit, und es wurde keine spezifische staatliche Autorität in Anspruch genommen. Vielmehr nutzte der Minister den Account als Privatperson und nicht ausschließlich in seiner Funktion als Bundesminister.
  2. Grundrechte und virtuelles Hausverbot: Der Antragsteller kann sich nicht direkt auf die Grundrechte berufen, die nur gegenüber Hoheitsträgern unmittelbare Wirkung entfalten. In einer Privatrechtsbeziehung, wie sie hier vorliegt, kommt nur eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte in Betracht. Das Blockieren des Journalisten auf einem privaten Account ist somit durch die Grundrechte des Ministers geschützt, insbesondere durch sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und seine negative Meinungsfreiheit.

Einordnung der Entscheidung

Diese Entscheidung setzt wichtige Linien für die Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Social Media-Accounts von Amtsträgern. Sie verdeutlicht, dass nicht jede Nutzung eines Social Media-Accounts durch eine öffentliche Person als hoheitlich anzusehen ist. Insofern unterscheidet sie sich von einem „virtuellen Hausverbot“ bei öffentlichen Einrichtungen, da der Privatcharakter des Accounts vorliegt. Es wird betont, dass die Meinungs- und Äußerungsfreiheit auch das Recht beinhaltet, bestimmte Meinungen nicht zu verbreiten oder mit diesen zu interagieren.

Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer klaren Trennung zwischen der privaten und der öffentlichen Rolle von Amtsträgern in sozialen Medien. Die Frage, inwieweit öffentliche Personen in ihren privaten Accounts hoheitlich agieren, bleibt relevant und erfordert weiterhin eine genaue Abwägung des Einzelfalls.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner