Rassistische Äußerungen am Arbeitsplatz oder durch Arbeitnehmer (in der Öffentlichkeit) sind ein ernstes Problem, das Arbeitgeber nicht tolerieren dürfen. Doch wann genau berechtigen solche Äußerungen zur Kündigung eines Mitarbeiters?
Im Folgenden gehe ich kurz auf die rechtlichen Rahmenbedingungen von Kündigungen nach rassistischen Äußerungen ein. In unserem Blog finden sich zudem Fallbeispiele zur Frage, wann eine Kündigung wegen rassistischer Beleidigungen gerechtfertigt ist.
Grundsatz der Meinungsfreiheit und ihre Grenzen
Grundsätzlich ist die Meinungsfreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert und gewährt jedem das Recht, seine Meinung frei zu äußern – auch im Arbeitsverhältnis. Dazu gehören auch Kommentare im Internet und auf Social-Media-Plattformen.
Doch diese Freiheit hat ihre Grenzen. Die Meinungsfreiheit endet dort, wo die Rechte anderer verletzt werden. Besonders relevant sind hier das Recht auf persönliche Ehre und allgemeine Gesetze wie das Strafgesetzbuch, das Beleidigung und Volksverhetzung unter Strafe stellt. Arbeitgeber stehen daher vor der Herausforderung, eine Balance zwischen der Meinungsfreiheit ihrer Mitarbeiter und dem Schutz der Würde aller Beschäftigten zu finden. In diesem Beitrag beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen und Grenzen einer Kündigung wegen rassistischer Äußerungen am Arbeitsplatz.
Meinungsfreiheit vs. arbeitsvertragliche Pflichten
Die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG schützt sowohl Werturteile als auch Tatsachenbehauptungen, sofern sie zur Meinungsbildung beitragen. Dieser Schutz ist jedoch nicht uneingeschränkt. Eine Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn die Meinungsäußerung die arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, insbesondere die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers und der Kollegen.
Abgrenzung zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung
Für die Beurteilung, ob eine Äußerung unter die Meinungsfreiheit fällt, ist die Abgrenzung zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung entscheidend. Ein Werturteil ist durch subjektive Elemente wie Stellungnahme und Meinungsbildung geprägt, während eine Tatsachenbehauptung objektiv überprüfbar ist. Diese Abgrenzung erfordert eine genaue Ermittlung des objektiven Sinns der Äußerung im Kontext ihrer Äußerung.
Schmähkritik und Formalbeleidigung
Besonders problematisch sind Äußerungen, die als Schmähkritik oder Formalbeleidigung eingestuft werden. Schmähkritik liegt vor, wenn nicht die sachliche Auseinandersetzung, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Formalbeleidigungen sind besonders krasse, aus sich heraus herabwürdigende Schimpfwörter. Beide Formen sind grundsätzlich nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt und können eine Kündigung rechtfertigen.
Abwägung der betroffenen Grundrechte
Die Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist essenziell. Eine Kündigung ist nur gerechtfertigt, wenn die Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung schwerer wiegt als die Einbuße an Meinungsfreiheit durch deren Verbot. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls, wie die Schwere der Beleidigung, der betriebliche Kontext und mögliche Provokationen, zu berücksichtigen.
Rassistische Äußerungen im Arbeitsverhältnis
Rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen stellen eine erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Ein Arbeitnehmer, der Kollegen oder Vorgesetzte rassistisch beleidigt, verstößt gegen seine Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB. Dies kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, insbesondere wenn die Äußerungen strafrechtlich relevant sind oder den Betriebsfrieden stören.
Die gefestigte Rechtsprechung möchte ich wie folgt zusammenfassen: Grobe Beleidigungen von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen darstellen, sind grundsätzlich geeignet, einen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen (BAG, 2 AZR 646/11). Es liegt ein erheblicher Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers vor (BAG, 2 AZR 534/08). Gleiches gilt für die Äußerung fremdenfeindlicher oder rassistischer Parolen, speziell wenn sie volksverhetzenden Charakter haben (LAG BW, 2 Sa 94/08). Rassistische Äußerungen und entsprechendes Verhalten sind grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (LAG BW, 4 Sa 19/19; LAG RP, 3 Sa 249/20).

Um es deutlich zu sagen: Rassistische Äußerungen gefährden den Arbeitsplatz. Wenn Sie im betrieblichen Umfeld geäußert werden, liegt es geradezu auf der Hand, dass eine Kündigung im Raum steht. Doch auch im privaten Umfeld droht eine Kündigung, denn der Betrieb hat ein schützenswertes Interesse an eigener Reputation und einem guten Betriebsklima. Allerdings sind die Anforderungen hier höher.
Beispiele aus der Rechtsprechung
In einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz wurde einem KFZ-Meister gekündigt, der mehrfach rassistische Aussagen gegenüber Auszubildenden und Werksstudenten gemacht hatte. Er äußerte unter anderem, dass er „alle Araber in einer Reihe aufstellen und erschießen würde“. Das Gericht bestätigte die außerordentliche Kündigung, da solche Äußerungen den Betriebsfrieden massiv stören und das Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer unrettbar zerstören.
Ein weiteres Beispiel ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, in dem die Kündigung eines Mitarbeiters bestätigt wurde, der einem türkischen Kollegen über WhatsApp beleidigende und fremdenfeindliche Nachrichten gesendet hatte. Auch hier sah das Gericht die außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt an, da das Verhalten des Mitarbeiters den Betriebsfrieden und das Arbeitsklima erheblich beeinträchtigte.
Verhältnismäßigkeit und Abmahnung
Bei der Prüfung, ob eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist, müssen die Gerichte immer die Verhältnismäßigkeit beachten. Dies bedeutet, dass eine Abmahnung vor der Kündigung in der Regel erforderlich ist, es sei denn, die Pflichtverletzung ist so schwerwiegend, dass eine weitere Zusammenarbeit für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Bei groben Beleidigungen oder strafrechtlich relevanten Äußerungen kann eine sofortige Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein. Ebenso bei öffentlichen Äußerungen mit wirklich gravierender Reichweite.
Private Äußerungen und der Arbeitsplatz
Auch private Äußerungen in sozialen Netzwerken oder Chat-Gruppen können arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, wenn sie den Betriebsfrieden stören oder das Ansehen des Arbeitgebers schädigen. So hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass auch private Chats, die rassistische oder beleidigende Inhalte enthalten, eine fristlose Kündigung rechtfertigen können, besonders wenn sie eine breite Öffentlichkeit erreichen oder innerhalb des Unternehmens bekannt werden.
Diese Grundsätze gelten dann ebenso bei sonstigen öffentlichen Äußerungen. Allerdings muss, je weiter die Äußerung von der betrieblichen Sphäre entfernt ist, die Anforderung umso höher sein, also etwa eine wirklich breite Öffentlichkeit erreicht werden.
Ausblick
In unserer zunehmend polarisierten und aufgeladenen Gesellschaft spielen unflätige Beschimpfungen und rassistische Äußerungen leider eine immer größere Rolle. Rassistische Äußerungen von Arbeitnehmern stellen eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar und können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Arbeitgeber müssen in solchen Fällen konsequent vorgehen, um den Betriebsfrieden zu wahren und ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu gewährleisten; diese Interessen sind auch von der Rechtsprechung als schutzwürdig anerkannt.
Dabei ist stets eine sorgfältige Abwägung der Umstände des Einzelfalls und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme erforderlich: Arbeitgeber müssen daher sorgfältig prüfen, ob eine Äußerung tatsächlich die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreitet und ob vor einer Kündigung eine Abmahnung erforderlich ist. Dabei spielt die Abwägung der betroffenen Grundrechte eine zentrale Rolle, um eine rechtlich fundierte und gerechte Entscheidung zu treffen. Dies wird umso schwieriger – aber nicht unmöglich -, je weiter sich die Äußerung vom unmittelbaren Betriebsgeschehen entfernt.
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