CE-Kennzeichnung: Wettbewerbsverstoß durch fehlende CE-Kennzeichen i.V.m. ElektroStoffV

Das OLG Frankfurt (6 U 218/14) hat erneut und wenig überraschend bestätigt, dass der Verkauf von Elektroartikeln gänzlich ohne vorgeschriebene CE-Kennzeichen für den Händler einen Wettbewerbsverstoß darstellt:

Bietet ein Händler Elektrogeräte ohne die gesetzlich vorgeschriebene CE-Kennzeichnung an, begründet dies den Vorwurf unlauteren Verhaltens sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG als auch unter dem Gesichtspunkt der Vorenthaltung wesentlicher Informationen (§ 5a II, IV UWG).

OLG Frankfurt, 6 U 218/14

Das ist wenig überraschend, führt gleichwohl laufend zu Abmahnungen. Beachten Sie unser Schlagwort zum „CE-Kennzeichen“ wo Sie weiterführende Informationen finden. Aber beachten Sie, dass ein Händler keinen Wettbewerbsverstoss begeht beim Vertrieb von Waren, an denen das CE-Kennzeichen lediglich fehlerhaft platziert ist! Vorliegend ging es darum, dass ein Verstoss gegen die Kennzeichnungspflicht der ElektroStoffV zugleich eine mangelnde oder fehlerhafte CE-Kennzeichnung darstellt. Die hat auchdas Landgericht Essen bestätigt:

Teilweise begründet ist der unter Ziffer 5 verfolgte Unterlassungsantrag auf Führung des CE-Kennzeichens. Insoweit ergibt sich ein Verfügungsanspruch aus den §§ 8 III Ziffer 1, 4 Ziffer 11 UWG i.V.m. § 7 I ProdSG i.V.m. Art. 30 III und IV VOP (EG) Nr. 765/2008. Da das CE-Kennzeichen die einzige Kennzeichnung ist, die die Konformität des Produktes mit den geltenden Anforderungen der einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft, die ihre Anbringung vorschreiben, bescheinigt, darf das CE – Kennzeichen nicht geführt werden, wenn gegen derartige Vorschriften offensichtlich verstoßen wird. Das ist vorliegend insoweit der Fall, als die ElektroStoffV, aus der die Verfügungsbeklagte ihr Recht auf Führung des CE-Kennzeichens herleitet, in § 5 II die Angabe der Kontaktanschrift auf dem Gerät oder ggf. auf der Verpackung vorschreibt. Dieser Verpflichtung ist die Verfügungsbeklagte eben nicht nachgekommen.

Landgericht Essen, 42 O 21/14



Insoweit führt das Gericht insbesondere aus:

Die Antragsgegnerin als Vertreiberin traf die Verpflichtung, vor Bereitstellung des Kopfhörers das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung zu überprüfen (§ 8 I 2 Nr. 1 ElektroStoffV).

Diese Prüfungspflicht besteht für den Vertreiber uneingeschränkt, d.h. insbesondere unabhängig dem besonderen Sorgfaltsmaßstab, den Satz 1 der Regelung allgemein für die Prüfpflicht hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen des § 3 ElektroStoffV aufstellt.

Die Vorschrift des § 3 ElektroStoffV enthält in Abs. 2, S. 1 Nr. 4 nicht nur die Anforderung der CE-Kennzeichnung auf Elektro- oder Elektronikgeräten, sondern neben weiteren Anforderungen insbesondere auch bestimmte Vorgaben hinsichtlich der zulässigen Höchstkonzentration von Stoffen, die in diesen Geräten enthalten sind (Absatz 1). Da für einen Vertreiber naturgemäß nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob die von ihm bereitgestellten Geräte diese Höchstgrenzen einhalten, erlegt § 8 I 1 ElektroStoffV den Vertreibern grundsätzlich nur eine eingeschränkte, nämlich an der erforderlichen Sorgfalt orientierte Prüfungspflicht auf; ähnliche Erwägungen gelten für weitere in § 3 ElektroStoffV enthaltene Anforderungen.
Demgegenüber heißt es in § 8 I 2 ElektroStoffV, der Vertreiber habe „insbesondere“ zu prüfen, ob die CE-Kennzeichnung vorhanden (Nr. 1) sowie die Kennzeichnungspflichten über den Hersteller bzw. Importeur erfüllt sind (Nr. 2). Da sich die Erfüllung dieser Kennzeichnungspflichten ohne weiteres kontrollieren lässt, können die Regelungen in Satz 1 und Satz 2 des § 8 I ElektroStoffV in ihrem Gesamtzusammenhang nur dahin ausgelegt werden, dass der Vertreiber zwar grundsätzlich die Einhaltung der verschiedenen Vorgaben des § 3 ElektroStoffV nur mit der erforderlichen Sorgfalt zu überprüfen hat, dass zu diesen Sorgfaltspflichten jedoch in jedem Fall gehört, insbesondere das Vorhandensein der CE-Kennzeichnung zu überprüfen. Gegen diese Pflicht hat die Antragsgegnerin verstoßen, da sie den beanstandeten Kopfhörer nicht auf das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung hin überprüft hat.

Aus dem Verstoß der Antragsgegnerin gegen § 8 I 2 Nr. 1 ElektroStoffV ergibt sich gemäß § 3 I Nr. 1 ProdSG zugleich das auch sie als Händlerin treffende Verbot, das fehlerhaft gekennzeichnete Produkt anzubieten und zu vertreiben.

Nach dieser Regelung darf ein Produkt, das einer Rechtsverordnung nach § 8 I ProdSG unterliegt, nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es die in dieser Rechtsverordnung vorgesehenen Anforderungen erfüllt. Da die ElektroStoffV auf Grund des § 8 ProdSG ergangen ist, führt die Verletzung der darin vorgesehenen Kennzeichnungspflichten zu dem in § 3 I Nr. 1 ProdSG geregelten Bereitstellungsverbot. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 1 IV ProdSG, wonach die Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes nicht gelten, „soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende und weitergehende Vorschriften vorgesehen sind“. Zu den „anderen Rechtsvorschriften“ im Sinne dieser Regelung gehören nicht die Vorschriften der ElektroStoffV, da diese Verordnung auf Grund von § 8 ProdSG ergangen ist und daher materiell eine Vorschrift des Produktsicherheitsgesetzes darstellt. Im Übrigen würde eine gegenteilige Auslegung dazu führen, dass Verstöße des Vertreibers gegen die in § 8 ElektroStoffV normierte Prüfungspflicht sanktionslos blieben; dies kann nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen.

OLG Frankfurt, 6 U 218/14
Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner