Regelmäßig wurden und werden Widerrufsbelehrungen in Online-Shops mit einer auf Verbraucher zugeschnittenen Einschränkung versehen. Besonders beliebt ist ein einleitender Satz wie „Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht“, der über der Widerrufsbelehrung platziert wird. Das mag problemlos erscheinen, war aber tatsächlich Gegenstand von Abmahnungen; Begründung: Der Satz lässt den Leser im Unklaren darüber, ob er selbst als Verbraucher anzusehen ist.
Es gab viel Streit zu dieser Frage, nunmehr hat sich der Bundesgerichtshof (I ZR 123/10) klar dazu geäußert und stellt fest, dass eine solche Überschrift problemlos möglich ist. Darüber hinaus bietet die Entscheidung Anhaltspunkte zur Frage, inwiefern Änderungen an der Widerrufsbelehrung möglich sind und woran man sich orientieren muss, wenn man Anpassungen vornehmen will.
Update: Zur Gesetzlichkeitsfiktion des Muster-Widerrufsformulars siehe hier vom BGH!
Wichtig ist vorab, dass die Entscheidung des BGH keine Fragen offen lässt: Auch wenn es in der konkreten Sache selbst noch um die alte Rechtslage (BGB-InfoV) ging, hat der Bundesgerichtshof klar gestellt, dass die hier getroffene Entscheidung sowohl für altes wie neues Recht gilt:
Die §§ 312c, 312d, 355 BGB aF sind nach der beanstandeten Handlung vom März 2009 zwar […] teilweise geändert worden. […] Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage ist dadurch jedoch nicht eingetreten, so dass zwischen dem alten und dem neuen Recht nicht unterschieden zu werden braucht.
Ein erfreulich klares Statement, das für andere Schlussfolgerungen keinen Raum mehr lässt.
Weiterhin hat der Bundesgerichtshof klar gestellt, dass entgegen der teilweise vertretenen Ansicht eine Überschrift mit Hinweis auf den „Verbraucher“ die inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Belehrung nicht unklar und missverständlich werden lässt.
Hierzu stellt der BGH auf den Gesetzeszweck ab: Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB nF (nach altem Recht § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV) verlangt nicht grundlos eine Gestaltung der Belehrung, die dem Verbraucher seine Rechte klar und deutlich macht; Sinn der Belehrung ist nämlich über die In-Kenntnissetzung des Verbrauchers über seine Rechte hinaus die Verschaffung der Möglichkeit, diese auch selber in Anspruch nehmen zu können. Mit Blick auf diesen Zweck ist mit dem Bundesgerichtshof dann nicht schlechthin jeglicher Zusatz zur Belehrung ausgeschlossen, sondern es ist zu unterscheiden:
- Zulässig sind Ergänzungen, die den Inhalt der Belehrung verdeutlichen.
- Nicht jedoch Erklärungen, die „einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken“.
Wertend ist dabei zu Betrachten, wo die Ergänzung vorgenommen wird, also wo sie platziert ist: Ergänzungen bzw. Änderungen innerhalb der eigentlichen Widerrufsbelehrung sind mit dem Bundesgerichtshof ausdrücklich anders zu sehen, als räumlich davon getrennte Erklärungen. Eine außerhalb der Widerrufsbelehrung platzierte Überschrift wird daher im Ergebnis, so der BGH, einer weniger detaillierten Prüfung unterzogen!
Sofern sich die Ergänzungen dann inhaltlich darauf beziehen, klar zu stellen auf wen sich die Widerrufsbelehrung bezieht, sieht der Bundesgerichtshof ebenfalls kein Problem, denn:
Für einen Hinweis auf den persönlichen Anwen-dungsbereich des Widerrufsrechts gilt nicht das Klarheits- und Verständlichkeitsgebot […] Dieses be-zieht sich nach dem Wortlaut und nach Sinn und Zweck der genannten Vorschriften nur auf die eigentliche Widerrufsbelehrung und nicht auch darauf, wem ein Widerrufsrecht zusteht.
Aufgabe des Unternehmers ist nämlich alleine, dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung zur Verfügung zu stellen. Alles was darüber hinaus gefordert werden würde, wäre zu viel, so der BGH – insbesondere ist es zu viel vom Unternehmer verlangt, wenn man fordert, sich auch noch Gedanken zu machen, wie der Verbraucher die Widerrufsbelehrung interpretieren könnte. Oder sicherzustellen, dass er sie überhaupt zur Kenntnis nimmt. Auch braucht der Unternehmer braucht nicht zu prüfen, ob die Adressaten der Widerrufsbelehrung im konkreten Fall Verbraucher oder Unternehmer sind – all das liegt laut BGH ausdrücklich nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmers!
Ausreichend ist vielmehr – und der Bundesgerichtshof ist hier sehr deutlich – dass die Belehrung auf der Internetseite von jedermann in gleicher Weise abgerufen werden kann.
Hinweis: Bei der Anwaltskanzlei Ferner wird Beratung für Shop-Betreiber in allen wichtigen Fragen geboten!
- Russische Militärische Cyber-Akteure nehmen US- und globale kritische Infrastrukturen ins Visier - 11. September 2024
- Ransomware Risk Report 2024 von Semperis - 11. September 2024
- Künstliche Intelligenz in Deutschland – Status, Herausforderungen und internationale Perspektiven - 10. September 2024