Zulässigkeit der Berichterstattung über eine Mitteilung in einem privaten Instagram-Account befasst

Das Landgericht Hamburg (LG Hamburg) hat sich in einem Urteil vom 23.06.2023 (Az. 324 O 433/22) mit der Zulässigkeit der Berichterstattung über eine Mitteilung in einem privaten Instagram-Account befasst. Im Zentrum der Entscheidung stand die Frage, ob eine Mitteilung über eine Schwangerschaft auf einem privaten Instagram-Account als Selbstöffnung gewertet werden kann und ob dadurch der Schutz der Privatsphäre der betroffenen Person gemindert wird.

Sachverhalt

Die Klägerin, Ehefrau eines bekannten Politikers, veröffentlichte im Februar 2022 auf ihrem privaten Instagram-Account, der 411 Follower hatte, dass sie im fünften Monat mit Zwillingen schwanger sei und ein Umzug geplant sei. Zu den Followern gehörten auch bekannte Politiker und Kreisverbände. Die Beklagte, ein Verlag, berichtete daraufhin in ihrer Zeitung und online über die Schwangerschaft und den geplanten Umzug. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Privatsphäre und klagte auf Unterlassung.

Rechtliche Analyse

Selbstöffnung und Privatsphäre

Das LG Hamburg stellte fest, dass Mitteilungen in einem privaten Instagram-Account, der eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Followern hat, darunter auch Politiker- und Kreisverbandsaccounts, als Selbstöffnung gewertet werden können. Dies führt dazu, dass die Erwartung der Privatheit deutlich gemindert ist.

  1. Privatsphäre:
    • Grundsätzlich fällt eine Schwangerschaft in den Bereich der Privatsphäre, insbesondere wenn sie noch nicht offensichtlich erkennbar ist.
    • Im vorliegenden Fall war die Schwangerschaft der Klägerin im Februar 2022 noch nicht von außen zweifelsfrei erkennbar.
  2. Selbstöffnung:
    • Durch die Mitteilung über die Schwangerschaft auf ihrem privaten Instagram-Account mit 411 Followern, darunter Politiker- und Kreisverbandsaccounts, hat die Klägerin die Kontrolle über die Reichweite der Information verloren.
    • Die Klägerin konnte nicht sicherstellen, dass die Information über ihre Schwangerschaft innerhalb eines begrenzten und kontrollierten Personenkreises bleibt.

Abwägung der Interessen

Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen entschied das LG Hamburg zugunsten der Beklagten. Obwohl die Berichterstattung die Privatsphäre der Klägerin berührte, war diese durch die Selbstöffnung gemindert.

  1. Berichterstattungsfreiheit:
    • Unterhaltende Beiträge, wie der vorliegende, nehmen am Schutz der Berichterstattungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG teil.
    • Die Klägerin und ihr Ehemann sind bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, was ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung rechtfertigt.
  2. Wiederholungsgefahr: Durch die Geburt der Kinder im Juli 2022 und die öffentlichen Äußerungen des Ehemanns der Klägerin entfiel die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Berichterstattung über die Schwangerschaft.

Fazit und Auswirkungen

Das Urteil des LG Hamburg zeigt, dass die Veröffentlichung persönlicher Informationen auf Social Media Plattformen, selbst auf privaten Accounts, unter bestimmten Umständen als Selbstöffnung betrachtet werden kann. Dies kann den Schutz der Privatsphäre mindern und die Berichterstattung darüber rechtfertigen.

Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrechten und der Freiheit der Berichterstattung, insbesondere bei bekannten Persönlichkeiten. Für Privatpersonen bedeutet dies, dass sie sorgfältig abwägen sollten, welche Informationen sie auf Social Media teilen und wer Zugang dazu hat.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner