EuGH zur Beweislast bei Erschöpfung von Unionsmarkenrechten in selektiven Vertriebssystemen

In einem Urteil vom 18. Januar 2024 (Rechtssache C-367/21) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) wichtige Klarstellungen zur Beweislast bei der Erschöpfung von Rechten aus Unionsmarken in selektiven Vertriebssystemen getroffen. Der Fall betrifft Hewlett Packard Development Company LP gegen Senetic S.A.

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Nichteinholung eines von Amts wegen einzuholenden Gutachtens

Die unterlassene Einholung eines von Amts wegen einzuholenden Sachverständigengutachtens stellt einen Verstoß gegen das Gebot der Beweisausschöpfung als Ausfluss des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG dar und begründet einen wesentlichen Verfahrensmangel (hier: i.S.d. § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG, so OLG Hamm, 4 UF 89/23):

Ein Verfahrensmangel, also der Verstoß gegen eine Verfahrensnorm, ist wesentlich, wenn das Verfahren des ersten Rechtszugs an einem so erheblichen Mangel leidet, dass es keine ordnungsgemäße Grundlage für eine die Instanz beendende Entscheidung sein kann (BGH NJW-RR 2015, 323 Rn. 17; NZI 2010, 449 Rn. 11; NJW 2001, 1500, 1501).34

Dabei stellt die unterbliebene Einholung eines von Amts wegen einzuholenden Sachverständigengutachtens einen Verstoß gegen die Pflicht zur Erschöpfung der Beweismittel als Ausfluss der Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG dar und begründet einen wesentlichen Verfahrensmangel i.S.d. § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG (OLG Naumburg FamRZ 2014, 1884, 1885; BeckOK FamFG/Obermann, Stand: 01.08.2023, § 69 Rn. 9).

Gebrauchte Software: Beweislast bei wettbewerbswidriger Bewerbung von Produktschlüsseln

Die Unrichtigkeit einer beanstandeten Werbeaussage ist eine anspruchsbegründende Tatsache, die grundsätzlich vom Anspruchsteller zu beweisen ist. Vor dem Hintergrund des Art. 7 der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung können dem Kläger jedoch Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute kommen, soweit es sich um Tatsachen handelt, die in den Verantwortungsbereich des Werbenden fallen.

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Umfang der D&O-Versicherung für ehemaligen Vorstandsvorsitzenden

Die „Directors and Officers“(D&O)-Versicherung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG umfasst bei kritischer Medienberichterstattung und aufgrund dessen drohendem karrierebeeinträchtigenden Reputationsschaden auch vorläufigen Deckungsschutz für Public-Relations-Kosten.

Dies gilt insbesondere für eine kritische Berichterstattung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Der Höhe nach ist der Anspruch aber auf 100.000 Euro begrenzt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (7 U 150/21) hat an seiner in einem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren vertretenen Auffassung festgehalten.

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Markenrecht und IT-Strafrecht: Strafbare Kennzeichenverletzung durch Parallelimport und Rebundling

Vorsicht ist geboten bei einem zu leichtfertigen Umgang mit fremder Markenware. Wer etwa im geschäftlichen Verkehr zwar originale Markenware zum Weiterverkauf erwirbt, diese aber ohne Zustimmung des Markeninhabers einführt (etwa von ausserhalb des europäischen Wirtschaftsraums nach Deutschland) macht sich strafbar. Die klassische Verteidigungspositionen an dieser Stelle hilft selten weiter; so wird typischerweise vorgebracht, dass auf Grund eingetretener Erschöpfung gar kein Markenverstoss vorliegt, jedenfalls dass man an eine Zustimmung und im Übrigen Berechtigung geglaubt hat. Dies wird letztlich dann als Verbotsirrtum einzustufen sein, bei dem entsprechend §17 StGB zu fragen ist, ob er vermeidbar ist (dazu Bomba, GRUR 2013, S.1007). Die Anforderungen sind hier sehr hoch, insbesondere wird hierbei die „Konsultation eines erfahrenen Anwalts“ verlangt.

Schwierig wird es auch beim „Rebundling“ von Software, wenn also z.B. originale Echtheitszertifikate mit originalen Datenträgern (etwa OEM-Datenträger) auf eine neue Art miteinander verknüpft werden. Der BGH hatte hierzu bereits festgestellt, dass dies zivilrechtlich nicht zulässig ist – strafrechtlich droht hier neben einer Strafbarkeit nach dem Markengesetz auch eine solche nach §267 StGB wegen einer Urkundenfälschung (so Bomba, GRUR 2013, S.1010).

Beim Parallelimport, aber auch beim Verkauf gebrauchter Software, gilt es daher aufzupassen, um Strafbarkeitsrisiken zu vermeiden.

EUGH zum Softwarerecht: Gebrauchte Software darf weiterverkauft werden

Gebrauchte Software darf mit der Rechtsprechung des EUGH weiterverkauft werden: Es war seinerzeit ein Paukenschlag als der Gerichtshof der Europäischen Union (C-128/11) zum Verkauf gebrauchter Software entschieden hat:

Ein Softwarehersteller kann sich dem Weiterverkauf seiner „gebrauchten“ Lizenzen, die die Nutzung seiner aus dem Internet heruntergeladenen Programme ermöglichen, nicht widersetzen.

Hintergrund war ein endlos langer Streit zwischen dem Hersteller Oracle und dem Verkäufer Usedsoft. Im Kern geht es um die Frage, ob der gewerbliche Ankauf und Wiederverkauf gebrauchter Software durch ein Dritt-Unternehmen möglich ist.

Im Folgenden eine Zusammenfassung der wesentlichen Rechtsfragen zum Verkauf gebrauchter Software aus Sicht des EUGH, am Ende des Beitrages finden sich Verlinkungen weiterer Beiträge, etwa zur BGH-Rechtsprechung.

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BRExit: Rechtliche Auswirkungen des BREXIT

Folgen des BREXIT: Seit dem 24. Juni 2016 steht fest, dass die britische Bevölkerung zum Ergebnis gekommen ist, die EU zu verlassen. Viel ist passiert seitdem – nur nicht politisch; nachdem im Januar 2019 ein „sauberer“ BREXIT-Plan gescheitert ist dürfte weitere Unsicherheit herrschen und ein „harter“ Umstieg wahrscheinlicher geworden sein.

Naturgemäß drehen sich viele Diskussionen zum BREXIT um finanzielle und faktische Auswirkungen. Doch bieten sich im Detail Aspekte, die schnell zeigen, dass in rechtlicher Hinsicht nicht nur grosse Unternehmen umdenken müssen.

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Abmahnung von Microsoft – Verkauf von Product Keys oder CoA

Der Verkauf von Software und Lizenzen geht mit vielen Tücken einher, alleine deswegen sind Abmahnungen bei Softwarehäusern und Softwareverkäufern ein dauerndes Thema. Gerade wer zwar geschäftlich aber nicht professionell agiert, begeht schnell Fehler, weil er mit laienhaften Verständnis Dinge falsch interpretiert. So möchte ich einleitend zusammenfassen, was aus meiner Sicht am Ende möglicherweise zu einer Abmahnung von Microsoft führen kann, wie ich derzeit etwa eine – aus Sicht eines Abgemahnten – bearbeiten darf. Hintergrund ist der Verkauf von Produktschlüsseln, doch es gibt häufig auch andere Angriffspunkte, die wohl auch im Zuge von Abmahnungen geltend gemacht werden. Ein Überblick.
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Der Erschöpfungsgrundsatz

Erschöpfungsgrundsatz: Der Erschöpfungsgrundsatz hat eine besondere Bedeutung, da er nicht unerheblich in die Möglichkeiten der Kontrolle von Rechteinhabern eingreift. Speziell im Bereich des Handelns mit gebrauchter Software hat er eine spezielle Wirkung entfaltet.

Im Folgenden kurz einige Zeilen zur Erörterung und Erläuterung, worum es sich beim Erschöpfungsgrundsatz handelt.

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