Autokauf: Wartungsintervalle sind bei PKW-Garantie genau einzuhalten

Beim Landgericht Landshut (55 O 3030/13) ging es um eine vom KFZ-Hersteller ausgesprochene Fahrzeug-Garantie gegen Durchrostung. Die Entscheidung ist auf den ersten Blick einleuchtend, befremdet aber jedenfalls Laien sicherlich spätestens dann, wenn man liest, dass im vorliegenden Fall die Garantie nicht greifen sollte, weil das Wartungsintervall (es lag bei 120.000 Kilometern) überschritten war. Und zwar um sage und schreibe 340 Kilometer. Das Urteil ist eine klassische Fehlentscheidung im AGB-Recht, an der wesentlichen Stelle zu kurz gedacht – und es bleibt zu hoffen, dass es eine Einzelfallentscheidung bleibt.

Die Garantieklausel

Laut Urteil lautete die garantieklausel wie folgt:

„Voraussetzungen für die Garantie gegen Durchrostung: Die Gewährung der RENAULT-Garantie gegen Durchrostung unterliegt den vorgeschriebenen Überprüfungen der Karosserie, des Tragrahmens und des Unterbodens. Diese Kontrollen müssen nach RENAULT-Vorgaben zu den im Wartungsheft angegebenen Kilometerständen und mindestens einmal innerhalb von zwei Jahren durchgeführt werden. … Dieser Kontrollnachweis ist Voraussetzung für die Garantie gegen Durchrostung.“

Im Wartungsheft war dann als Intervall u.a. 120.000 KM eingetragen, während die Inspektion bei 120.384km stattgefunden hat.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht hat grob skizziert in zwei Schritten geprüft: Zuerst wird festgestellt, dass zu spät die Inspektion durchgeführt wurde, somit die Voraussetzung der Garantie nicht gegeben war. Sodann wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob diese Klausel der Bestimmung des Intervalls rechtmässig war. Letzteres wurde dann bejaht.

Die Begründung des Gerichts

Bei der Wirksamkeit der Klausel geht das Gericht zwei gedankliche Schritte, die beide – jedenfalls in der vorliegenden Form – nach meiner Sicht schlicht falsch sind. Das Landgericht greift dabei auf die beiden wegweisenden Entscheidungen des BGH zur Garantie beim Autokauf zurück (BGH, VIII ZR 251/06 & VIII ZR 293/10), die hier auch passend bzw. weiterhelfen.

Als erstes führt das Gericht aus, dass die Kontrollen des PKW eine Gegenleistung des PKW-Käufers sind:

Gemäß den Ausführungen (…) ist die Einhaltung der Kontrollen und der Kontrollnachweis Voraussetzung für die Garantie. Damit ist die Durchführung der Kontrolle eine Anspruchsvoraussetzung und nicht lediglich eine Modifikation des bestehenden Anspruchs. Es liegt (…) nicht die Situation vor, dass ein unbedingter Garantievertrag mit einer der Inhaltskontrolle unterliegenden Einschränkung des Leistungsversprechens gegeben wäre. Die Durchführung der Kontrollen stellt hier die Gegenleistung für die Garantiegewährung dar. (…)

Es liegt nach dem objektiven Empfängerhorizont kein Hinweis daraufhin vor, dass bereits im Listenpreis ein Entgelt für die Garantie enthalten sei (…) Hiergegen spricht, dass in der Rechnung verschiedene zusätzliche Ausstattungen des Fahrzeugs konkret mit Aufpreisen aufgeführt wurden (…) Die Garantie wird dem Kläger hier nur „um den Preis“ der regelmäßigen Durchführung der Wartungsdienste und Instandsetzungen gewährt. Dies stellt bei wirtschaftlicher Betrachtung die „Gegenleistung“ für die Garantiegewährung dar. (…) Die Garantie (…) stellt somit nach dem objektiven Empfängerhorizont eine „kostenlose Zugabe“ (…) und damit Gratisleistung dar, bei der die Einhaltung der Wartungsintervalle die Gegenleistung darstellt, die damit eine Hauptleistungspflicht ist. Die Regelung ist damit gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle gem. den §§ 307 Abs. 1, Abs. 2, 308, 309 BGB entzogen.

Zugegeben, das liest sich auf Anhieb gut. Wobei man streiten kann, ob im Entgelt für den Kauf nicht bereits die Kosten der garantie enthalten sind. Die Logik des Gerichts, dass die Kosten immer aufgeschlüsselt sind und gerade keine Kosten für die Garantie ausgewiesen sind, hat etwas von wirtschaftlicher naivität; diese kann man leicht entlarven, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Kosten für die Garantie natürlich nicht im Gesamtpreis, sondern in den Kosten der – nicht einzeln ausgewiesenen – Bauteile enthalten ist, die durchrosten könnten. Dies ist allerdings kein zwingender, wenn auch gleichwohl höchst streitbarer Punkt.

Keinesfalls überzeugend ist es aber, wenn das gesamte beschriebene Modell der KFZ-Garantie auf ein Leistung-/Gegenleistungsgeschöft reduziert wird. Das drängt sich bereits dann auf, wenn man sich fragt, was denn der Hersteller von diesem „Geschäft“ hat. Natürlich den zusätzlichen Werbeffekt, den auch das Gericht sieht, doch dieser Werbeeffekt schlägt sich ja gerade im Autokauf und dem somit erhaltenen Entgelt nieder. Nur einer der vielen gedanklichen Fehler in der gerichtlichen Begründung.

Noch gravierender ist es dann aber, wenn das Gericht schlichtweg verkennt, dass es sich hierbei nicht um ein auf Austausch von Leistungen basierendes Geschäft handelt. Würden nämlich die Inspektionen immer die alleinige Gegenleistung sein, wird es schwer zu erklären sein, warum unmittelbar nach dem Kauf bis zum ersten Inspektionsintervall die auf 6 Jahre abgeschlossene Garantie schon greift. Hier merkt man erneut, dass die Gegenleistung für die Garantie, die ja immerhin 6 Jahre laufen soll, bereits beim Autokauf erbracht wurde. Wer es so nun wirtschaftlich korrekt betrachtet, der erkannt dann auch die weitere Natur dieses Garantievetrages: Es handelt sich um einen 6-Jährigen Garantievertrag, abgeschlossen beim Autokauf, unter der auflösenden Bedingung, dass die vorgesehenen Wartungen eingehalten werden. Die Inspektionen sind daher nicht Gegenleistung, sondern Bedingung für den Fortbestand.

Wer dem folgt, der kommt dann dazu, dass die Klauseln der normalen AGB-Kontrolle unterliegen. Somit kann dann nicht nur geprüft werden, ob die Klausel überraschend im Sinne des §305c BGB ist, sondern auch, ob sie unangemessen im Sinne von §307 BGB ist. Beides wird problemlos anzunehmen sein. Das Gericht sah eine überraschende Klausel nicht, denn bezogen auf den PKW-Käufer soll gelten:

Er durfte nicht darauf vertrauen, dass eine Überschreitung der angegebenen Kilometergrenze sich nicht auf die Garantie auswirken wird.

Aus Gründen der Rechtssicherheit kann auch bei der geringfügigen Überschreitung des Wartungsintervalls um 340 km nicht davon ausgegangen werden, dass nach Treu und Glauben ein Garantieanspruch besteht und eine Berufung der Beklagten auf die Nichteinhaltung des Wartungsintervalls ausgeschlossen ist.

Wieder einmal: Klingt beim ersten Lesen korrekt. Doch wenn man sich die Bedingung ansieht, steht dort dass die Kontrolle „zu den im Wartungsheft angegebenen Kilometerständen“ zu erfolgen hat. Also bei genau 120.000km und nicht bei 199.999km oder bei 120.001km. Eine Toleranz hinsichtlich der Tatsache, dass man nicht auf den Kilometer genau auf den Hof zur Kontrolle vorfahren kann ist nicht vorgesehen. Wer also als Verbraucher nach Spanien mit seinem PKW fährt bei einem Kilometerstand von 118.500km (also „viel zu früh“ für eine Inspektion) und dann bei knapp über 120.000km zurück kommt, der hat Pech gehabt. Dieses Ergebnis ist ebenso unangemessen wie überraschend; zumal das Gericht korrekt selber feststellt, dass die Kontrolle stattfinden soll, damit der Garantiegeber rechtzeitig reagieren kann. Da werden gewisse Toleranzen aber kein Problem darstellen. Ein erneuter und nochmals tiefgreifender Fehler.

Fazit

Absolute Klauseln zu Wartungszeitpunkten in Garantieverträgen sind unwirksam, jedenfalls muss eine alltagstaugliche Toleranzregeln vorhanden sein. Der Garantiehersteller kann das problemlos lösen, indem er seine Intervalle entsprechend anpasst, also statt einer starren Zahl nach unten hin Raum schafft (in diesem Beispiel also „von 119.500 bis 120.500 km“). Ein BEdürfnis für eine Kilometergenau starre Grenze gibt es weder wirtschaftlich noch technisch – juristisch ist sie unhaltbar. Die Entscheidung des LG Landshut ist eine von Denkfehlern getragene Fehlentscheidung.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner