Das Landgericht Hagen (10 O 328/22) hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass der Zugang einer E-Mail nicht ohne weiteres als gegeben anzusehen ist und dass die Beweislast für den Zugang beim Versender liegt.
Es wurde darauf hingewiesen, dass es für den Empfänger der E-Mail möglich sein muss, von der E-Mail tatsächlich Kenntnis zu nehmen, damit von einem Zugang ausgegangen werden kann:
Zur Darlegungs- und Beweislast des Zugangs einer E-Mail wird einerseits vertreten, dass dem Absender einer E-Mail der Beweis des ersten Anscheins dahingehend zur Seite stehe, dass die von ihm versandte E-Mail beim Empfänger eingegangen ist, wenn nicht eine Rücksendung als unzustellbar eingegangen ist. Dies gelte auch dann, wenn die Nachricht möglicherweise in einen Spamfilter gelangt ist. Eingegangen sei eine E-Mail beim Empfänger einer Willenserklärung, wenn sie auf dem Server des Empfängers oder seines Providers abrufbar gespeichert ist (AG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2008 – 30 C 730/08-25 – MMR 2009, 507, 507).
Andererseits wird vertreten, dass der Zugang der E-Mail gemäß § 130 BGB vom Versender darzulegen und zu beweisen sei. Die Absendung der E-Mail begründe keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. August 2018 – 2 Sa 403/18 – Rn.39, juris; Arnold in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 130 BGB, Rn.33). Dies gelte auch für ein Sendeprotokoll (MüKoBGB/Einsele, 9. Aufl. 2021, BGB § 130 Rn.47).
Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 130 BGB muss die abgegebene Willenserklärung unter Abwesenden dem Empfänger zugehen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann. Nach dem Versenden einer E-Mail wird die Nachricht auf einem Server eingehen. Dies ist jedoch nicht gewiss. Wie auch bei einfacher Post ist es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankommt. Das Risiko kann nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Der Versender wählt die Art der Übermittlung der Willenserklärung und damit das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Zudem hat der Versender die Möglichkeit, vorzubeugen. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 – I ZR 64/13 – Rn.11, juris) (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 11. Januar 2022 – 4 Sa 315/21 –, Rn. 60, juris).
Diese Entscheidung spiegelt die Auffassung wider, dass der Versender einer E-Mail verpflichtet ist, den Zugang nachzuweisen und nicht davon ausgehen kann, dass eine abgesendete E-Mail automatisch als zugegangen gilt. Insbesondere wurde hervorgehoben, dass selbst wenn keine Rücksendung der E-Mail als unzustellbar erfolgt, dies nicht als Anscheinsbeweis für den Zugang ausreicht .
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