Es ist zwar eher selten, aber kommt dennoch vor: Das Ablehnungsgesuch im Zivilrecht. Das Landgericht Aachen (3 T 44/16) konnte sich hier zu zwei wesentlichen Fragen postieren und hat festgestellt:
- Wenn ein abgelehnter Richter – ohne dass das zuvor angebrachte Ablehnungsgesuch rechtskräftig zurückgewiesen wurde – eine abschließende Hauptsachentscheidung trifft, so verliert das Ablehnungsgesuch nicht seine Wirkung.
- Zum Rechtsmittel: Wenn die Hauptsachentscheidung mit der Berufung angefochten werden kann und der abgelehnte Richter auch keine nachträglichen Entscheidungen mehr zu treffen hat, ist eine sofortige Beschwerde gegen den zurückweisenden Beschluss unzulässig; das Berufungsgericht hat im Rahmen der Berufung dann die entsprechende Prüfung vorzunehmen.
Aus der Entscheidung:
Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt einem Ablehnungsgesuch dann das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der abgelehnte Richter in der Sache keine Entscheidung mehr zu treffen hat, z.B. weil er erst nach einer die Hauptsache abschließenden Entscheidung abgelehnt wurde oder weil er vor einer die Hauptsache abschließenden Entscheidung die Abteilung verlassen bzw. aus dem Spruchkörper ausgeschieden ist. Nichts anderes kann für die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines solchen Ablehnungsgesuchs gelten; die sofortige Beschwerde ist dann unzulässig (vgl. OLG Düsseldorf vom 02.03.1993 – 11 W 2/93; OLG Karlsruhe vom 02.06.2004 – 16 WF 50/04; OLG Celle vom 03.01.2008 – 9 W 136/07). Ausnahmen sind dann zu machen, wenn der abgelehnte Richter ausnahmsweise noch nachträgliche Entscheidungen zu treffen hat, z.B. weil in nicht berufungsfähigen Sachen ein Antrag nach § 321a ZPO gestellt wurde (vgl. Zöller/Vollkommer, 31. Aufl., § 42 ZPO Rdn. 4). In einem derartigen Fall ist zu klären, ob die nachträgliche Entscheidung von dem an sich zuständigen aber abgelehnten Richter zu treffen ist oder von seinem Vertreter, da der abgelehnte Richter bis zur rechtkräftigen Erledigung des Ablehnungsgesuchs nach § 47 ZPO nur solche Handlungen vornehmen darf, die keinen Aufschub gestatten, der Vertreter jedoch nicht der gesetzliche Richter wäre, wenn das Ablehnungsgesuch unbegründet ist.
Trifft der zuständige Abteilungsrichter in der Hauptsache eine abschließende Entscheidung, nachdem er abgelehnt wurde und bevor das Ablehnungsgesuch rechtskräftig zurückgewiesen wurde, so verliert das Ablehnungsgesuch dadurch nicht seine Wirkung (vgl. Zöller/Vollkommer, 31. Aufl., § 46 ZPO Rdn. 18a). Da der abgelehnte Richter nach § 47 ZPO nur solche Handlungen vornehmen darf, die keinen Aufschub gestatten, und eine das Verfahren abschließende Entscheidung regelmäßig nicht dazu gehört, hätte er es sonst in der Hand, dem Ablehnungsgesuch durch eine verfahrenswidrige rasche Entscheidung den Boden zu entziehen. Dies wäre mit rechtstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Nichts anderes kann gelten, wenn – wie hier – die abgelehnte Richterin zwar vorher abgelehnt wurde, aus in der internen Organisation des Gerichts liegenden Gründen jedoch bei der die Instanz abschließenden Entscheidung noch keine Kenntnis davon erlangt hatte. Insoweit folgt die Kammer der dienstlichen Äußerung der zuständigen Abteilungsrichterin, dass ihr das Ablehnungsgesuch vom 23.01.2016 erst nach Erlass des zweiten Versäumnisurteils in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2016 bekannt geworden ist. Terminiert wurde auf den 25.01.2016 11.45 Uhr (Bl. 473). Ausweislich des Eingangsstempels ist der Schriftsatz vom 23.01.2016 zwar schon am 23.01.2016 bei der Briefannahmestelle, jedoch erst am 25.01.2016 12.10 Uhr auf der Serviceeinheit des Amtsgerichts eingegangen. Dies ist auch durchaus lebensnah, da der Schriftsatz am 23.01.2016 nach Dienstschluss gefaxt wurde und es sich bei dem 25.01.2016 um einen Montag handelte.
Von der Frage, ob das Ablehnungsgesuch noch wirksam ist, zu trennen ist die Frage, wer nach Abschluss der Instanz über das Ablehnungsgesuch zu entscheiden hat. Dies ist im Einzelnen umstritten (vgl. die Nachweise bei Zöller/Vollkommer, 31. Auf., § 46 ZPO Rdn. 18a). Die Kammer folgt insoweit der von Zöller/Vollkommer (a.a.O. Rdn. 18a mit Nachweisen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs) vertretenen Auffassung, dass der Ablehnungsgrund in den genannten Fällen nicht mehr mit der sofortigen Beschwerde sondern – als möglicher Verfahrensfehler – mit dem gegen die Endentscheidung statthaften Rechtsmittel geltend gemacht werden kann. Das Berufungs- oder Revisionsgericht prüft dann inzident, ob der vorgetragene Ablehnungsgrund bei Erlass der die vorhergehende Instanz abschließenden Entscheidung vorlag oder nicht. Für diese Auffassung spricht, dass ein Berufungs- oder Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss, um die instanzbeendende Entscheidung aufzuheben oder abzuändern, da die von dem Richter getroffene Entscheidung selbst bei einer erfolgreichen nachträglichen Ablehnung nicht nichtig sondern nur anfechtbar wäre (vgl. Zöller/Vollkommer, 31. Aufl., § 41 ZPO Rdn. 16). Auch sachlich macht es keinen Sinn, wenn über das Ablehnungsgesuch noch zu entscheiden wäre, obwohl die ablehnende Partei mit der von dem abgelehnten Richter getroffenen Entscheidung im Ergebnis einverstanden ist.
Eine Ausnahme von der vorgenannten Regelung ist aus den bereits dargelegten Gründen zum einen zu machen, wenn der abgelehnte Richter ausnahmsweise noch nachträgliche Entscheidungen zu treffen hat. Eine Ausnahme ist auch dann zu machen wenn, die das Verfahren abschließende Instanz nicht rechtmittelfähig ist (vgl. Zöller/Vollkommer, 31. Auf. § 46 ZPO Rdn. 18b), da ansonsten keine Überprüfung stattfinden könnte. Weder die eine noch die andere Ausnahme ist hier jedoch gegeben. Dass die abgelehnte Abteilungsrichterin möglicherweise noch andere Verfahren, an denen der Kläger beteiligt ist, zu bearbeiten hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Wenn der Kläger die Richterin in diesen anderen Verfahren ablehnen sollte, ist dort zu prüfen, ob eine Besorgnis der Befangenheit besteht oder nicht.
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