AGB-Recht: Wirksamkeit von Aufrechnungsverbot in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Aufrechnungsverbot: Gerne wird versucht, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Aufrechnung zu beschränken. Die beliebtesten Wege sind die Beschränkung auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen und dann auf solche aus dem zu Grunde liegenden Vertragsverhältnis. Dies kann allerdings schnell die Unwirksamkeit des Aufrechnungsverbotes zur Folge haben.

Dazu bei uns: AGB-Recht: Beispiele für unwirksame AGB-Klauseln

Keine Beschränkung auf Vertragsverhältnis

Durchaus überraschend ist, dass der BGH (XII ZR 29/15) nur äusserst schmallippig feststellt, dass eine Beschränkung der Aufrechnung auf Forderungen aus dem zu Grunde liegenden Vertrag (hier: anlässlich eines Gewerberaum-Mietvertrages) nicht in Betracht kommt:

Der danach inhaltlich an § 309 Nr. 3 BGB auszurichtenden Inhaltskontrolle hält das in § 8 Ziffer 1 des Mietvertrags geregelte Aufrechnungsverbot nicht stand, indem es die Zulässigkeit der Aufrechnung mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen auf solche aus dem Mietverhältnis beschränkt. Eine derartige Verkürzung der Gegenrechte des Beklagten benachteiligt diesen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher gemäß § 307 BGB unwirksam.

Es ist wohl derart selbstverständlich für den BGH, dass er gar nicht einsieht, hier mehr als 2 Sätze zu formulieren.

Keine Beschränkung auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen

Jedenfalls im Rahmen eines Werkvertrages ist auch die Beschränkung auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen unzulässig, wie der BGH (VII ZR 209/07) anlässlich eines Architektenvertrages festgestellt hatte:

Eine solche Benachteiligung liegt vor, wenn der Besteller durch das Verbot der Aufrechnung in einem Abrechnungsverhältnis eines Werkvertrages gezwungen würde, eine mangelhafte oder unfertige Leistung in vollem Umfang zu vergüten, obwohl ihm Gegenansprüche in Höhe der Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungskosten zustehen (…) Denn hierdurch würde in das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in für den Besteller unzumutbarer Weise eingegriffen (…) Der Besteller kann sich im Prozess mit dem Leistungsverweigerungsrecht verteidigen mit der Folge, dass die Werklohnforderung ganz oder teilweise nicht durchsetzbar ist. Dies kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden (§ 11 Nr. 2a AGBG, § 309 Nr. 2a BGB). Es wäre ein nicht hinnehmbares Ergebnis, wenn eine aus dem Leistungsverweigerungsrecht erwachsene auf Zahlung gerichtete Gegenforderung dazu führen würde, dass der Werklohn nun- mehr durchsetzbar ist (…)

Die Entscheidung ist durchaus so zu verstehen, dass in synallagmatischen Verträgen eine solche Beschränkung, nicht nur aber vor allem gegenüber Verbrauchern, schlechthin unwirksam sein dürfte. Auch beim Oberlandesgericht Nürnberg (12 U 2119/13) ging es um die Frage, ob ein Aufrechnungsverbot hinsichtlich bestrittener und/oder rechtskräftig festgestellter Forderungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen „vereinbart“ werden kann. Für den Architektenvertrag hatte der BGH (VII ZR 209/07) dies vormals schon verneint. Das OLG Nürnberg wendet diese Rechtsprechung nun an und stellt allgemein fest:

Ein Aufrechnungsverbot in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, das lediglich die Aufrechnung mit unbestrittenen und mit rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen zulässt, die Aufrechnung mit sonstigen Gegenforderungen indes auch dann verbietet, wenn diese mit der aufgerechneten Hauptforderung synallagmatisch verknüpft sind, benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders einer solchen Klausel entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam.

OLG Nürnberg, 12 U 2119/13

Dabei soll dies ausdrücklich auch gegenüber Unternehmern gelten und nicht nur im Bereich des Werkvertragsrechts, sondern ausdrücklich auch für Werklieferungs- oder Kaufverträge. Das OLG München (3 U 1551/17) führte anlässlich eines Vertragshändlervertrages dazu aus:

Zwar muss sich diese Regelung in den Allgemeinen Geschäfts- und Lieferungsbedingungen der Klägerin an § 309 Ziff. 3 BGB messen lassen, der auch im Verkehr zwischen Unternehmen als konkretisierte Ausformung von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB anwendbar ist (vgl. Palandt, 76.A. 2017, Bearbeiter Grüneberg, § 309, Rn. 21). § 3 Abs. 4 der klägerischen AGB schränkt die Aufrechnung indes exakt in dem gesetzlich zugelassenen Umfang ein, wenn hier festgehalten ist, dass die Gegenforderung des Bestellers „unbestritten, rechtskräftig festgestellt oder von uns anerkannt sein muss (…) Da die zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche weder unbestritten oder anerkannt noch rechtskräftig festgestellt sind, entfaltet die vorbezeichnete Aufrechnung keine Rechtswirkung.

OLG München, 3 U 1551/17

Beispiel für ein wirksames Aufrechnungsverbot

Beim Oberlandesgericht Hamm (30 U 14/16) ging es um eine Klausel mit Aufrechnungsverbot in der Formulierung

Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts und die Aufrechnung mit anderen als Ersatzforderungen wegen Mängel der Mietsache (§ 536 a BGB) ist ausgeschlossen, es sei denn, die Forderung ist unbestritten oder rechtskräftig festgestellt.“

Hiermit hatte das OLG ausdrücklich keine Probleme:

Der Bundesgerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen die Formulierung, dass (nur) unbestrittene und rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen von dem Aufrechnungsverbot ausgenommen sind, unbeanstandet gelassen und die Klauseln als wirksam erachtet (BGH, Urteile vom 17.02.1986 – II ZR 285/14 – Tz. 10, vom 10.01.1991 – III ZR 141/90 – Tz. 35 = BGHZ 115, 324 ff., vom 27.01.1993 – XII ZR 141/91 – Tz. 16 und vom 15.12.2010 – XII ZR 132/09 – Tz. 21; BGH NJW 2011, 514, Tz. 21; ebenso auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.07.2013 – I-10 U 114/12 –). Auch der Senat sieht keinen Anhaltspunkt dafür, die Wirksamkeit der Klausel in Zweifel zu ziehen. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus dem Umstand, dass nach der Klausel nicht auch entscheidungsreife Gegenforderungen von dem Aufrechnungsverbot ausgenommen sind. Denn aus § 308 Nr. 3 BGB ergibt sich, dass der Gesetzgeber lediglich den Ausschluss der Aufrechnung mit unbestrittenen oder (schon) rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen als unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners erachtet, nicht aber auch ein Aufrechnungsverbot bezüglich entscheidungsreifer Gegenforderungen.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner