Lockangebot: OLG Koblenz zur Zulässigkeit von Lockangeboten

Beim OLG Koblenz (9 U 296/15) ging es um ein Lockangebot: Ab 18:00 Uhr sollte ein Staubsauber eines bestimmten Typs in einem Online-Shop günstig verfügbar sein, um 18:04 waren die verfügbaren Modelle bereits ausverkauft. Die Werbung war dabei mit dem Zusatz „NUR IN LIMITIETER STÜCKZAHL“ versehen, womit sich der Anbieter auch verteidigen wollte. Dem OLG reichte das nicht.

Das OLG stellt als erstes den Grundsatz klar – dass es nämlich nicht um eine „Bestrafung“ eines kleinen Vorrats geht sondern dass die mangelnde Aufklärung potentieller Kunden das Problem ist:

Gemäß Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG stellt es eine stets irreführende geschäftliche Handlung dar, wenn ein Unternehmer zum Kauf von Waren auffordert, ohne darüber aufzuklären, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichwertige Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zu dem genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen. Nach dieser Regelung ist nicht die unzulässige Bevorratung der Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden. Wenn eine Ware nur begrenzt vorrätig ist, handelt es sich um eine wesentliche Information, die der Unternehmer Verbrauchern nicht vorenthalten darf. Klärt der Unternehmer nicht darüber auf, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen, dann liegt eine Irreführung durch Unterlassen vor.

Interessant ist dann die „Prüfung“ furch das OLG, die sich rein auf den zeitlichen Faktor beschränkt:

(…) sollte der Staubsauger (…) ab 18:00 Uhr im Online-Shop unter (…) zu erwerben sein. Bereits um 18:04 Uhr war der Staubsauger aber online nicht mehr verfügbar. Daraus kann der Senat ohne weiteres schließen, dass die Bevorratung für die Nachfrage unzureichend war.

Hier wird also bereits mit dem rein zeitlichen Faktor gearbeitet, also gar nicht erst die Relation zwischen der tatsächlich vorhandenen Nachfrage und dem vorhandenen Angebot hergestellt. So wäre etwa denkbar, dass ein Online-Shop in der Tat derart „überrannt“ wird, dass man sich hier gar nicht vorbereiten konnte. Dies aber liegt daran, dass der Online-Shop in dem Verfahren nichts vorgebracht hat, womit das Gericht trotz der geringen Zeitspanne von einer Ausnahme ausgehen konnte:

Es oblag gemäß Nr. 5 Satz 2 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG der Beklagten darzulegen und zu beweisen, sie habe hinreichende Gründe gehabt davon auszugehen, sie werde in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zu dem genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen. Auch bei einer Werbung im Internet erwartet der Verbraucher, dass die beworbene Ware verfügbar ist (Köhler UWG § 5 Anm. 8.18). Die Beklagte hätte darlegen müssen, dass sie aufgrund ähnlicher Aktionen in der Vergangenheit keine Anhaltspunkte dafür gehabt hat, dass die Ware nicht ausreichen werde, etwa indem sie angemessen disponiert, der Vorrat aber wegen einer unerwartet hohen Nachfrage nicht ausgereicht habe.

Damit zeigt sich bereits der gravierende Fehler: Entweder man hat genügend Angebote auf Vorrat oder man muss eben selber vortragen, was hier nicht geschehen ist. Dem Gericht verbleibt dann nur noch, alleine an Hand der kurzen Zeit bis zum Ausverkauf davon auszugehen, dass es sich um ein unzulässiges Lockangebot gehandelt hat.

Im weiteren erläutert das OLG, warum die Angabe „Nur in limitierter Stückzahl“ gerade nicht ausreichend war – das Gericht meint, dies sei ein vollkommen inhaltsleerer Hinweis:

Dabei wird eine konkrete Mengenangabe zum Vorrat regelmäßig nicht sachgerecht sein, da diese für den Verbraucher nicht informativ ist. Selbst wenn der Unternehmer mit einer Mengenangabe wirbt, weist der Verbraucher zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Werbung nicht, ob er von dem Vorrat etwas erhalten kann. Allein der Hinweis „Nur in limitierter Stückzahl“ ist aber nicht geeignet, die Irreführung des Verbrauchers, er könne den beworbenen Staubsauger erwerben, zu beseitigen. Durch diesen Hinweis erfährt der Verbraucher lediglich, dass der Staubsauger nicht in unbegrenzter Stückzahl vorhanden ist. Der Verbraucher erkennt, dass sich seine Chancen durch einen raschen Verkaufsentschluss erhöhen. Weitere Informationen erhält er nicht. Ein derart inhaltloser Hinweis kann die Verbrauchererwartung aber jedenfalls dann nicht entkräften und die Irreführung beseitigen, wenn der Verbraucher – wie vorliegend – auch innerhalb einer kurzen Reaktionszeit nach üblicher Kenntnisnahme von der Werbung von vornherein keine realistische Chance hat, die angebotene Ware zu erwerben (BGH I ZR 224/06, LG Berlin 91 O 27/11).

Was das OLG hier ausführt ist erst einmal korrekt, aber durchaus kritisch zu sehen. Wenn etwa 4 Minuten der Staubsauger online verkauft wurde und in dieser Zeit hunderte Käufer vorhanden wären (wir wissen es ja nicht weil der Online-Shop ungenügend vorgetragen hat), wäre es eine Farce von fehlender realistischer Chance des Erwerbs zu sprechen. Hier begeht seinerseits das Gericht den Fehler, plump aus den 4 Minuten irgendwelche Rückschlüsse zu ziehen. Auch die Erläuterung, der Hinweis bedeute nur „dass der Staubsauger nicht in unbegrenzter Stückzahl vorhanden ist“ geht vollkommen fehl: Man muss schon an den äusserst pathologisch dummen Verbraucher glauben, um davon auszugehen, dass dieser im Umkehrschluss von unendlich verfügbaren Waren ausgeht. Der Hinweis ist nämlich durchaus geeignet, klar zu machen dass ein zeitiger Ausverkauf droht, aber die Frage ist, ob man damit rechnen muss, nicht einmal 10 Minuten zum Einkauf zu haben (was durchaus zu verneinen ist).

Im Ergebnis wie gewohnt zur Umsicht bei eigenen Lockangeboten zu warnen. Pauschale Hinweise sind dabei nicht ausreichend, vielmehr muss ein Hinweis vorhanden sein, der klar macht, dass man quasi jederzeit mit einem Ende des Verkaufs rechnen muss. Hierbei muss dann auf der anderen Seite gesehen werden, dass kein unzulässiger Druck auf Verbraucher ausgeübt werden kann, weswegen Hinweise wie „Kann sofort ausverkauft sein, jetzt zuschlagen“ ebenfalls Bedenken begegnen dürften. Wie immer im Wettbewerbsrecht: Der Einzelfall macht es.

Dazu auch bei uns: OLG Hamm zu Lockangeboten

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner