§22 KUG normiert recht einfach:
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Das OLG Frankfurt a.M. hat sich mit Urteil vom 24.02.2011 (16 U 172/10) mit dieser Thematik etwas näher beschäftigt und die rechtliche Natur der Einwilligung untersucht. Hier geht es konkret um den nachherigen Widerruf einer einmal erteilten Einwilligung. Um das beurteilen zu können, muss der rechtliche Charakter der Einwilligung klar gestellt sein, wobei bis heute umstritten ist, ob es sich um eine rechtsgeschäftliche Erklärung handelt (so Teile der Literatur und Rechtsprechung) oder „nur“ um einen Realakt handelt (so der BGH, der dann aber die Regeln zur geschäftsähnlichen Erklärung entsprechend anwenden will).
Das OLG hält sich mit diesem Streit aber gar nicht lange auf, da es nach seiner Einschätzung insgesamt – gleich welcher Ansicht man folgt – nur drei Gründe geben kann, eine nach §22 KUG erteilte Einwilligung zu widerrufen:
- Entweder liegt ein „wichtiger Grund für den Widerruf“ vor, oder
- es hat sich die innere Einstellung des Betroffenen geändert, oder
- es liegen „gewichtige Gründe“ vor.
Im vorliegenden Fall war es nun so, dass der Betroffene sich einem kritischen Fernsehbericht (der Sendung 2) ausgesetzt sah, den er so nicht erwartet hatte, als er sich für ein Interview (der Sendung 1) „zur Verfügung“ stellte. Er wollte nun die Einwilligung widerrufen, um den unliebsamen Bericht zu verhindern. Das aber kann nicht funktionieren, das OLG verweist hier zu Recht auf das Bundesverfassungsgericht, das seinerseits Presse- und Meinungsfreiheit mit seiner Rechtsprechung schützen möchte:
Der eigentliche Grund des Widerrufs ist, dass der Kläger mit dem kritischen Inhalt des Fernsehberichts nicht einverstanden ist. Dies rechtfertigt aber nicht den Widerruf der Einwilligung, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 14.09.2010 – 1 BvR 1842/08; BVerfGE 101, 361, 380; 120, 180, 198; NJW 2000, 2191), des Bundesgerichtshofs (WRP 2011, 70) und des Senats (ZUM-RD 2010, 320) hat niemand einen Anspruch darauf, von anderen so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder gesehen werden möchte.
Eben das ist der springende Punkt. Damit verweigert sich das OLG zwar einer klaren Positionierung in der Frage des Rechtscharakters der Einwilligung nach §22 KUG, bietet aber gute Anhaltspunkte zur Orientierung.
Aus den Gründen:
Der Kläger hat seine Einwilligung auch nicht wirksam widerrufen. Zwar hat er mit Schreiben vom 19.03.2010 den Widerruf seiner Einwilligung erklärt. Dieser Widerruf war aber nicht wirksam.
Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung nach § 22 KUG widerrufen werden kann, ist umstritten und hängt unter anderem vom Rechtscharakter der Einwilligung ab.
Nach wohl herrschender Meinung ist die Einwilligung eine rechtsgeschäftliche bzw. rechtsgeschäftsähnliche Erklärung (OLG München ZUM 2001, 708, NJW-RR 2000, 999, weitere Nachweise bei Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rz 169 und Wenzel/von Strobl/Albeg, Das Recht der Wort- und Bilderstattung, 5. Aufl., 7.59). Dem gegenüber sieht der BGH die Einwilligung als bloßen Realakt an. Allerdings sollen für die Auslegung der Erklärung die Grundsätze für rechtsgeschäftliche Erklärungen angewendet werden (BGH NJW 1980, 1903, 1904). Im Hinblick auf die Meinungen zum unterschiedlichen Rechtscharakter des Widerrufs gibt es auch unterschiedliche Ansichten zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung widerrufen werden kann. Teilweise (OLG München AfP 1989, 570,571) wird ein wichtiger Grund für den Widerruf verlangt, da derjenige, der eine Einwilligung erteilt hat, an den Inhalt seiner Erklärung gebunden ist. Teilweise wird vertreten, dass sich die innere Einstellung des Betroffenen geändert haben muss (Frömming/Peters NJW 1996, 958). Teilweise (Löffler/Steffen § 6 LPG Rdz. 127) werden „gewichtige Gründe“ verlangt, die den Widerruf rechtfertigen.
Nach keiner der in der Literatur vertretenen Ansicht ist der Widerruf gerechtfertigt. Weder liegt ein wichtiger Grund für den Widerruf vor, noch ist erkennbar, dass sich die innere Einstellung des Klägers zu seinem Interview geändert hat. Auch eine Wandlung der Persönlichkeit des Klägers ist nicht erkennbar. Im Übrigen stellt auch die Weiterverbreitung des Interviews und der dabei gefertigten Filmaufnahmen keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers dar, denn die Filmaufnahmen werden von der Beklagten nur verwendet im Zusammenhang mit den Themen des Interviews.
Der eigentliche Grund des Widerrufs ist, dass der Kläger mit dem kritischen Inhalt des Fernsehberichts nicht einverstanden ist. Dies rechtfertigt aber nicht den Widerruf der Einwilligung, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 14.09.2010 – 1 BvR 1842/08; BVerfGE 101, 361, 380; 120, 180, 198; NJW 2000, 2191), des Bundesgerichtshofs (WRP 2011, 70) und des Senats (ZUM-RD 2010, 320) hat niemand einen Anspruch darauf, von anderen so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder gesehen werden möchte.
Auf die Frage, ob der Kläger außerdem eine relative Person der Zeitgeschichte ist und deshalb auch ohne Einwilligung Bildnisse von ihm nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG verbreitet werden dürfen, kommt es deshalb nicht an.
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