Pflichten des Betreibers eines Instagram Accounts nach Unterlassungserklärung

Dass der Betreiber eines Instagram Accounts weder als Störer noch wegen der Reichweite einer vertraglich übernommenen Unterlassungsverpflichtung dazu verpflichtet ist, die Abrufbarkeit eines Videos auf einer von einem Dritten betriebenen (beliebten) Facebook Seite zu unterbinden, hat das Landgericht Köln, 14 O 127/20, hervorgehoben:

Der Beklagte haftet aber auch nicht als Störer oder aufgrund des Unterlassungsvertrags auf Unterlassung der Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung bei der ihm fremden Facebook Seite.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Das richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (…)

Außerdem gilt, dass der Schuldner einer auf Unterlassung lautenden Entscheidung zu einem aktiven Handeln verpflichtet sein und daher, wenn er diese Handlungspflicht verletzt, gegen den Unterlassungstitel verstoßen kann. Abweichend von der Verwendung des Begriffs des „Unterlassens“ im allgemeinen Sprachgebrauch ist im Wege der Auslegung des Unterlassungstitels zu ermitteln, welche Verhaltensweisen dieser erfasst und ob er den Schuldner zu einem aktiven Handeln verpflichtet. Bei einer Handlung, die einen fortdauernden Störungszustand geschaffen hat, ist der die Handlung verbietende Unterlassungstitel mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass er außer zur Unterlassung derartiger Handlungen auch zur Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands verpflichtet ist. Eine Unterlassungsverpflichtung erschöpft sich insbesondere dann nicht in einem bloßen Nichtstun, sondern umfasst auch die Pflicht zur Vornahme von Handlungen zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustands, wenn dem Unterlassungsgebot allein dadurch entsprochen werden kann. So verhält es sich, wenn die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist. Zu den danach geschuldeten Maßnahmen zur Störungsbeseitigung kann die Einwirkung auf Dritte zählen. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar nicht für das selbstständige Handeln Dritter einzustehen. Das entbindet ihn im Rahmen seiner durch Auslegung ermittelten positiven Handlungspflicht aber nicht davon, auf Dritte einzuwirken, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt und bei denen er mit (weiteren) Verstößen ernstlich rechnen muss. Der Schuldner ist daher verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf solche Personen einzuwirken. Mit Blick auf seine Einwirkungsmöglichkeiten auf den Dritten kommt es nur darauf an, ob der Schuldner rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten Dritter hat (…)

Nach diesen Grundsätzen kann im Einzelfall weder davon ausgegangen werden, dass der Beklagte Verhaltenspflichten verletzt hat, die ihn zum Störer machen könnten, noch dass er Pflichten zur Einwirkung auf Dritte missachtet hat. Denn für beide möglichen Haftungsanknüpfungspunkte gilt gleichermaßen, dass die für die Facebook Seite „Entfernt“ verantwortliche Person eigenverantwortlich und unabhängig vom Beklagten gehandelt hat. Eine Störerhaftung im engeren Sinne scheidet dabei auch schon aus dem Grunde aus, dass der Beklagte bei Abwägung des Einzelfalls in keiner rechtlichen oder tatsächlichen Position war, um dem Betreiber der Facebook Seite die Nutzung des streitgegenständlichen Videos zu verbieten oder die weitere Rechtsverletzung einzudämmen.

Eine Erstreckung der Unterlassungsverpflichtung auf die Einwirkung auf Dritte wie den Betreiber der Facebook Seite scheitert hingegen daran, dass dessen Handeln vorliegend dem Beklagten nicht wirtschaftlich zugutekommt und er mit einer Übernahme wie im konkreten Fall nicht ernstlich rechnen musste. Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Beklagte wirtschaftliche Vorteile durch die Abrufbarkeit des Videos bei der reichweitenstarken Facebook Seite „Entfernt“ hat oder hatte (vgl. auch AG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2021, Az. 10 C 23/21). Denn vorliegend hat die genannte Facebook Seite das Video nicht etwa verlinkt oder durch sonstige der Plattform immanenten Funktionen (zB @-Tag o.Ä.) unter Hinweis auf den Beklagten zur Verfügung gestellt, sondern das Video als eigenen Beitrag veröffentlicht.

Es erscheint den Nutzern des sozialen Netzwerks deshalb nicht als „Werk“ des Beklagten. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Video selbst oder aus den textlichen Ergänzungen. Folglich erhielt der Beklagte nicht einmal mittelbare Vorteile durch eine größere Bekanntheit infolge der andernfalls eingetretenen Bewerbung seines Accounts. Dass andere Content-Anbieter aber ein Video vom Account des Beklagten herunterladen und durch eigenen neuerlichen Upload auf einem anderen Account ohne jegliche Verlinkung erfolgreich nutzen, ist nicht als Vertiefung einer früheren Urheberrechtsverletzung anzusehen. Vielmehr stellt dies eine neuerliche und isolierte Urheberrechtsverletzung eines Dritten dar, mit der der Beklagte nicht rechnen musste und die er auch nicht beherrschen konnte.

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner