Eine Bedienungsanleitung kann – und wird häufig – urheberrechtlichen Schutz genießen, solange sie sich nicht in rein technischen Beschreibungen erschöpft, sondern darüber hinaus Ausdruck eigener Schaffensqualität ist.
Schon sehr früh, im Jahr 1991, hatte der BGH (BGH, I ZR 147/89 – zu finden u.a. in NJW 1992, 689) klargestellt, dass ein urheberrechtlicher Schutz auch für Bedienungsanleitungen in Betracht kommen kann. Insbesondere wenn die Anwendung einer praktischen Verwendung grafisch dargestellt wird, können (zumindest) diese Zeichnungen urheberrechtlichen Schutz genießen. Denn – so Der Bundesgerichtshof – es wird bei derartigen Darstellungen „das Darstellungsvermögen des Grafikers insofern besonders gefordert, als es bei ihnen – anders als bei der schlichten zeichnerischen Abbildung des Geräts – darum geht, das technische Gerät jeweils in Ausschnitten so darzustellen, daß sich dem Betrachter die Handhabung und Funktion möglichst einfach, verständlich und anschaulich erschließt“. Dieser Anspruch, so er denn umgesetzt wird, öffnet die Türe zum urheberrechtlichen Schutz von Bedienungsanleitungen.
Beachten Sie dazu auch bei uns:
Dies kann bereits erfolgen indem eine besondere sprachliche Gestaltung erfolgt, versehen mit einzelnen Hervorhebungen, die letztlich eine notwendige Schöpfungshöhe begründen (OLG Frankfurt, 11 U 18/14):
Die Bedienungsanleitung stellt in ihrer Gesamtheit ein schutzfähiges Schriftwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG dar. Als persönlich geistige Schöpfungen im Sinne von § 2 UrhG sind Erzeugnisse anzusehen, die durch den Inhalt oder durch ihre Form oder durch die Verbindung von Inhalt und Form etwas Neues und Eigentümliches darstellen. Bei Sprachwerken gilt insofern der Grundsatz der „kleinen Münze“ (vgl. BGH GRUR 2014, 175 – Geburtstagszug Rn. 18). Dabei kann bei wissenschaftlichen Werken die Schutzfähigkeit ihre Grundlage allein in der – notwendig schöpferischen – Form der Darstellung finden. Sie sind deshalb schutzfähig bei einer eigenschöpferischen Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes (vgl. BGH GRUR 1981, 659 – Ausschreibungsunterlagen).
Die Urheberrechtsschutzfähigkeit Gebrauchszwecken dienenden Schriftgutes erfordert ein deutliches Überragen des Alltäglichen, des Handwerksmäßigen, der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials (BGH GRUR 1993, 34 – Bedienungsanweisung).
Auf dieser Grundlage ergibt sich vorliegend, dass das Schriftwerk der Bedienungsanleitung über hinreichende Schutzfähigkeit verfügt. Die Länge des streitgegenständlichen Textes – dies ist die Grundvoraussetzung – gibt Raum, die Reihenfolge der Darstellung zu schützen. Die Reihenfolge selbst ist Ausdruck einer eigenschöpferischen, eigentümlichen Gedankengestaltung und –führung und individueller Prägung. Der Kläger hat die von ihm ausgewählten Informationen zu den verschiedenen Einzelbereichen in der Weise angeordnet, dass dem Leser im Anschluss an die Vermittlung allgemeiner Informationen Erläuterungen in der Reihenfolge dargelegt werden, wie er sie üblicherweise nach Erwerb des Produkts benötigt. So folgen den allgemeinen Informationen zu den Themen Sicherheit, erforderliche Kennzeichnung und Hauptkomponenten Erläuterungen über die Montage und Aufstellung, den Betrieb, die Wartung und Pflege, sowie über Entsorgung des Produkts. Insbesondere die sprachliche Darstellung im Abschnitt der Montage und Aufstellung zeichnet sich durch eine prägnante Anordnung der technischen Inhalte in Gestalt einer sprachlichen Einzelanleitung der vorzunehmenden Handlungsschritte aus, die zur Verbesserung der Übersichtlichkeit in Einzelabschnitte unterteilt ist, wobei einzelne Aspekte durch besondere Darstellung als „Hinweis“ hervorgehoben sind. Die besondere Übersichtlichkeit und Verständlichkeit wird an anderer Stelle durch eine tabellarische Darstellung gewährleistet. Daher ergibt sich nach Maßgabe eines Gesamtvergleichs, dass die sprachliche Darstellung das Alltägliche, Handwerksmäßige der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials deutlich übersteigt und damit eine persönliche geistige Schöpfung beinhaltet.
OLG Frankfurt, 11 U 18/14
Dazu auch bei uns: Urheberrechtlicher Schutz von produktbeschreibenden Texten
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