Domainrecht: Zum Unterlassungsanspruch und Dispute-Eintrag bei Markenrechtsverletzung

Beim Landgericht Köln (Landgericht Köln, 33 O 144/12) ging es um einen recht klassischen Fall: Ein Unternehmen ist der Inhaber einer Marke für einen bestimmten Bereich (hier für den Reise-Bereich). Ein Dritter, der nicht mit dem Markeninhaber konkurriert, reserviert sich eine Domain die mit der Marke nahezu identisch ist, die Domain wird auf eine Parking-Seite umgeleitet. Dort aber werden dann Werbeanzeigen für unmittelbare Konkurrenten des Markeninhabers eingeblendet – dieser klagt nun auf Löschung der Domain, nachdem er einen Dispute Eintrag eingerichtet hat.

Das Ergebnis: Er gewinnt. Und verliert. Ein Paradestück des Domainrechts.

Das Problem

Das Problem ist nicht die Verletzung des Markenrechts, die Kennzeichenverletzung: Die lag mit dem Landgericht relativ problemlos vor. Vielmehr lag das Problem in einem sauberen Unterscheiden der verschiedenen Ansprüche. Da eine Kennzeichenverletzung vorlag, gab es auch einen Unterlassungsanspruch. Dieser ergab sich daraus, dass nun einmal im Ergebnis unter der kennzeichenverletzenden Domain Wettbewerber präsentiert wurden. Somit ergab sich ein Unterlassungsanspruch dahin gehend, im geschäftlichen Verkehr die Marke zur Bewerbung im Reise-Bereich zu verwenden.

Anspruch auf Löschung

Der Anspruch auf Löschung ist damit aber noch nicht automatisch gegeben! Aus der Verletzung des Kennzeichenrechts ergibt sich ein Unterlassungsanspruch dahingehend, die Rechtsverletzung zu unterlassen – hier ist das die Verwendung der Marke im geschützten Bereich. Man kann also nur verlangen, dass die Domain nicht im Zusammenhang mit Reiseleistungen genutzt wird – warum soll sich da ein umfassender Anspruch auf Löschung ergeben? Jedenfalls Markenrechtlich lässt sich da nichts gewinnen und auch Wettbewerbsrechtlich ist das kein Selbstläufer, wie das Landgericht zu Recht klar stellt:

Denn die Registrierung eines Domainnamens kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände den Tatbestand der unlauteren Mitbewerberbehinderung erfüllen […] Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten, das insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Domaininhaber den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht hat registrieren lassen, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen […] fehlt jedweder konkreter Sachvortrag der darlegungspflichtigen Klägerin. Eine möglicherweise bewirkte Umleitung von Nachfragern nach dem Reisebuchungsportal „Z3“ ist bereits durch den titulierten Unterlassungsanspruch ausgeschlossen.

Auswirkung des Dispute-Eintrags

Und somit kommt das nächste Problem: Es war ein Dispute-Eintrag vorhanden. Der aber funktioniert nur dann, wenn es einen Anspruch auf Löscung und/oder Übertragung gibt. Das wurde hier verneint, damit war der Dispute-Eintrag rechtswidrig. Da der Beklagte Widerklage erhoben hatte hinsichtlich des Dispute-Eintrags, erhielt er letztendlich Recht. Das Landgericht zitierte an dieser Stelle das OLG Köln (6 U 163/05):

„Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Veranlassung der Löschung des Dispute-Eintrags ergibt sich, ohne, dass es darauf ankommt, ob der Dispute-Eintrag einen Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellt, aus § 823 Abs. 1 BGB. Entgegen der Auffassung des Beklagten stellt das Recht auf Nutzung der Internetdomain selbst ein gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht“ dar. Das folgt aus dem vom Beklagten allerdings zur Begründung des Gegenteils zitierten Nichtabhilfebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 2004 (GRUR 2005, 261 f.). Danach erwirbt der Inhaber einer Internet-Adresse zwar weder das Eigentum an der domain selbst noch ein sonstiges absolutes Recht, welches ähnlich der Inhaberschaft an einem Immaterialgüterrecht verdinglicht wäre. Er erhält aber ein relativ wirkendes, vertragliches Nutzungsrecht. Dieses Nutzungsrecht stellt – wie das Bundesverfassungsgericht ausführt – einen rechtlich geschützten Vermögenswert dar und ist dem Inhaber der Domain ebenso ausschließlich zugewiesen wie Eigentum an einer Sache. Danach ist die Situation bei der Inhaberschaft einer Domain vergleichbar mit der des berechtigten Besitzes an einer Sache. Auch der berechtigte Besitz kann schuldrechtlich eingeräumt sein. Er ist aber als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB schutzfähig, weil er insofern eigentumsähnlich ist, als er wie dieses die Ausschlussfunktion und die Zuweisungs- bzw. Nutzungsfunktion hat (dazu MünchKomm/Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rdn. 136; 151; Staudinger/Hager, BGB 13. Bearb. § 823 Rdn. B 124). Beides, die Ausschlussfunktion und die Zuweisungs- bzw. Nutzungsfunktion hat auch das Nutzungsrecht des Inhabers einer Domain, wenn dieses – wie das Bundesverfassungsgericht formuliert – dem Inhaber der Domain „ebenso ausschließlich zugewiesen ist wie Eigentum an einer Sache“. Zur Nutzung der Domain gehört auch die Möglichkeit, diese zu veräußern oder zu übertragen, die dem Kläger durch den Dispute-Eintrag des Beklagten genommen wird.“

Das Ergebnis

Der Kläger hatte Erfolg hinsichtlich Unterlassung, verlor aber bei der Löschung und beim Dispute-Eintrag. Das Landgericht nahm einen Streitwert von 60.000 Euro an, was einem kalkulatorischen Prozesskostenrisiko von fast 8400 Euro entspricht. Da das Gericht die Streitwerte so aufteilte, dass auf die Löschung 30.000 Euro, also die Hälfte, entfiel, haben am Ende Kläger und Beklagte je hälftig obsiegt und verloren – müssen sich die Kosten also entsprechend teilen. Schmerzhaft, wenn man bedenkt, dass der Kläger sich das mit einem anderen Antrag und Unterlassenem Dispute-Eintrag hätte ersparen können.

Zum Thema bei uns:

Fachanwalt für IT-Recht Jens Ferner